Megalodon-Experte Hans Sues über das Fressverhalten der riesigen ausgestorbenen Haie: "Wahrscheinlich würden sie es nicht auf ein oder zwei Menschen absehen, denn das wäre wohl zu wenig für eine richtige Mahlzeit."
Foto: Warner Bros. Pictures

Ob sich Donald Trump "The Meg" anschauen und dazu auf Twitter äußern wird? Aufschlussreich wäre ein solcher Tweet allemal, denn es gibt keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die sich derartig panisch vor Haien fürchtet wie der amtierende US-Präsident. Überliefert ist sein obsessiver Konsum von Hai-TV-Dokumentationen und seine Hoffnung, alle Haie mögen bitte sterben. 2013 ließ er gleich kryptisch wie fatalistisch verlauten: "Sorry Leute, Ich bin einfach kein Hai-Fan – aber macht Euch keine Sorgen: Die werden noch da sein, wenn wir längst verschwunden sind."

Cinematografische Auferstehung

Apropos verschwinden: Damit wären wir beim ausgestorbenen Megalodon und dessen cinematografischen Auferstehung. Dieser Riesenhai, der bis zu 18 Meter lang werden konnte, machte noch vor 2,6 Millionen Jahren die Meere unsicher. Für den neuen Schocker "The Meg" haben einige der schwimmenden Monster in den Tiefen des Meeres überlebt und machen sich nun – filmisch ganz auf den Spuren vom "Weißen Hai" – auf die Verfolgung von Menschen.

Einer, der den Thriller schon gesehen hat, ist der deutsch-amerikanische Paläontologe Hans(-Dieter) Sues, der als Kurator am National Museum of Natural History in Washington D.C. arbeitet. Der Namensgeber des Pachycephalosaurus Hanssuesia sternbergi überwacht gerade die Anfertigung eines 15-Meter-Megalodon-Modells in seinem Museum und ist auch sonst bestens mit den Tieren vertraut. Auch aus diesem Grund wurde der bekennende Science-Fiction-Fan vom Fachblatt "Science" zur wissenschaftlichen Authentizität des Hai-Horrorfilms befragt.

Viel Wahres über Zähne und Maul

Grundsätzlich fallen Sues' Noten für die künstlerische Darstellung sehr viel besser aus die für die wissenschaftliche Gestaltung. Insbesondere das Szenario, wie die Riesenhaie in den Tiefen der Meere überlebt haben könnten, hält er – wenig überraschend – für hochgradig unplausibel, zumal die Tiere in warmen Küstengewässern lebten.

In Sachen Unterhaltung würde der Science-Fiction-Fan Hans Sues dem Film 9 von 10 Punkten geben.
FilmSelect Trailer

Die Anatomie der Tiere hätte der Film zum Teil richtig hingekriegt, insbesondere die des Mauls und der Zähne. Letztere waren ungefähr 17 Zentimeter lang (deshalb auch des Name Megalodon, also "großer Zahn"), und es gab mehrere Reihen davon, die ständig nachwuchsen. Das Maul sei so groß gewesen, dass ein menschlicher Schwimmer darin problemlos Platz hätte, ohne die Zähne des Monsters auch nur zu berühren, so Sues. Entsprechend sei es dem Megalodon möglich gewesen, Beute von der Größe eines Kleinwagens zu schlucken.

Übertriebene Größe und Körperform

Bei der Körpergröße und Körperform würde "The Meg" aber laut Sues übertreiben: Zum einen wurde der urzeitliche Hai, nach allem was wir wissen, nicht 23, sondern "nur" 18 Meter lang. Zum anderen waren die Tiere, die im Film wie eine proportional vergrößerte Version eines Weißen Hais aussehen, deutlich schlanker – eher so wie ein Langflossen-Mako (wer ihn kennt). Der sei auch der nächste heute lebende Verwandte des Vorzeitriesen, nur eben auf zwei bis drei Meter Länge geschrumpft.

Megalodons (der allergrößte wurde auf 20 Meter Länge geschätzt) im Größenvergleich.
Illustration: Sarina1001, CC BY-SA 4.0

Im Film heißt es beiläufig, dass der Megalodon keine natürliche Feinde gehabt hätte, was Sues korrigieren muss: Zur Zeit, als der Megahai existierte, gab es eine längst ausgestorbene Pottwalgattung namens Livyatan, die vermutlich noch größer war und außerdem ein größeres Maul und noch längere Zähne hatte – mit 30 Zentimetern Länge die größten, die Paläobiologen bekannt sind. Livyatan dürfte in Konkurrenz mit Megalodon gelebt haben. "Womöglich konnte aber auch eine Gruppe von Killerwalen einen Megalodon erlegen, denn die Wale sind extrem raffinierte Jäger."

Realitätsnähe bei dern Actionszenen

Bei den Actionszenen konzediert Sues dem Film hingegen große Realitätsnähe. Dass ein Megalodon ein Boot in zwei Stücke beißt, sei absolut denkbar, zumal die Tiere die vermutlich größte Beißkraft entwickelten, die je ein Tier auf diesem Planeten hatte. Selbst der Biss eines Tyrannosaurus rex sei dagegen schwach gewesen. Im Vergleich zum Weißen Hai wiederum, der heute zu den Arten mit dem kräftigsten Kiefer gehört, müsse man von der 10-fachen Beißkraft ausgehen.

Die für den Betrachter des Films womöglich wichtigste Frage – würden die Tiere, wenn sie heute leben würden, Menschen fressen? – bejaht Sues ganz im Sinne des Films: "Wahrscheinlich würde ein Megalodon es aber nicht auf ein oder zwei Menschen absehen, denn das wäre wohl zu wenig für eine richtige Mahlzeit, im Gegensatz zu einem ganzen Strand voll mit Schwimmern. Da würde er einfach durchpflügen und sich etliche Menschen ohne zu Kauen einfach reinschaufeln – genau wie im Film." (Klaus Taschwer, 11.8.2018)

Realitätsnahe Fressaction: Hans Sues meint, dass ein Megalodon wie im Film durch Schwimmer am Strand einfach durchpflügen würde, um sich etliche Menschen ohne zu Kauen reinzuschaufeln.