Jan Ullrich, früher ein gefeierter Star, ...

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... ist jetzt ein gefallener.

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Wien – Quäl dich, du Sau!" Mit diesem Satz wurde Udo Bölts sozusagen weltberühmt in Deutschland. Bölts ist ein ehemaliger Radprofi, entfahren ist ihm der Satz, als Jan Ullrich, der im Team Telekom sein Kapitän und drauf und dran war, die Tour de France zu gewinnen, damals für einen Moment schwächelte. Ullrich hörte auf Bölts und wurde zum ersten deutschen Sieger der Frankreich-Rundfahrt.

Man schrieb das Jahr 1997, und die Deutschen waren hin und weg. So eine schöne Geschichte, so ein lieber Bub, noch dazu einer aus dem (ehemaligen) Osten, Sieger von dort kamen nach der Wiedervereinigung besonders gut an. Doch was Jan Ullrich angeht, haben sich die Zeiten dramatisch geändert.

Drogen und Alkohol, Zwangseinweisung, Entzugsklinik

Denn mittlerweile, wenn man so will, ist Ullrich hin und weg. Am Freitag war der 44-Jährige nach einem Angriff auf eine Escort-Dame in einem Hotel in Frankfurt verhaftet worden, er stand laut Staatsanwaltschaft "unter erheblichem Drogen- und Alkoholeinfluss", wurde in eine Psychiatrie eingewiesen. Am Samstag begab er sich in eine Entzugsklinik.

Gegen Ullrich wird wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Wenige Tage zuvor hatte er auf Mallorca auf dem Grundstück seines Nachbarn Til Schweiger einen Freund des Schauspielers attackiert. Ullrich wurde festgenommen, wieder freigelassen und reiste nach Deutschland zurück. Die ihm nahestehende Bild zitierte den wiederholt Gefallenen, die Trennung von seiner Frau und "die Ferne" zu den drei Söhnen hätten ihn "sehr mitgenommen".

Erfolgreiche Zeit, dopinglastige Zeit

Als Tour-Sieger hatte Ullrich die Nachfolge des Dänen Bjarne Riis angetreten, ihm selbst folgte 1998 der Italiener Marco Pantani. Da wurde der Radsport vom ersten großen Dopingskandal (Festina!) erschüttert. 1999 begann die Ära Lance Armstrong. Pantani starb 2004 an einer Überdosis Kokain, Armstrong wurden wegen Dopings seine sieben Tour-Erfolge aberkannt.

Bölts und andere Team-Telekom-Fahrer gaben zu, jahrelang gedopt zu haben. Ullrich, 2000 auch Olympiasieger, schwieg eisern, obwohl er 2006 wegen massiver Hinweise von der Tour ausgeschlossen wurde. Erst 2013, im selben Jahr wie Armstrong, gab er zu, gedopt zu haben. "Ich wollte für Chancengleichheit sorgen."

Aus heutiger Sicht hat ihm der Radsport eher nicht zum Vorteil gereicht. Ullrich macht "aus Liebe zu meinen Kindern" eine Therapie. Wie seinerzeit Udo Bölts will man ihm zurufen, er möge sich quälen. (Fritz Neumann, 12.8.2018)