Vor allem zuckerhaltige Getränke sind ein teuflischer Energielieferant für Kinder. Sie tragen massiv zum Übergewicht bei.

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Übergewicht ist in Ländern mit hohem Lebensstandard ein vergleichsweise neues Phänomen. Die Folgen der krankhaften Fettsucht können weitreichend sein. Um die Situation exakt einzuschätzen, hat das Robert-Koch-Institut in Deutschland genaue Zahlen erhoben: Über 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen sind demnach dick, knapp sechs Prozent von ihnen sogar stark übergewichtig.

Der Leidensdruck adipöser Kinder ist immens. Zum einen werden sie häufig sozial ausgegrenzt und gemobbt, zum anderen drohen schwerwiegende Begleiterkrankungen. Übergewicht kann bereits im Kindesalter zu Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes führen sowie Herz-Kreislauf-Beschwerden und Haltungsschäden verursachen. "Man schätzt zudem, dass über drei Viertel aller zu schweren Kinder ihr Übergewicht in das Erwachsenenalter mitnehmen werden", sagt Susanna Wiegand von der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Zu viele Kalorien, zu wenig Energieverbrauch

"Übergewicht kann auf krankhaften Störungen von Stoffwechsel, Hormonen oder der Psyche beruhen", so die Expertin. Doch in den meisten Fällen liege die Ursache in einer sogenannten positiven Energiebilanz: "Dem Körper wird mehr Energie zugeführt, als er durch Stoffwechsel und Bewegung verbraucht." Aus Zwillings- und Adoptionsstudien wisse man zwar heute, dass die Gewichtsentwicklung von Kindern und Jugendlichen zu etwa 50 Prozent genetisch festgelegt sei. Gene veränderten sich jedoch nur über einen sehr langen Zeitraum. "Deshalb ist die Zunahme von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in den Industrie- und Schwellenländern sicher nicht genetisch, sondern vor allem durch ein verändertes Ernährungs- und Bewegungsverhalten zu erklären", formuliert die Kinderendokrinologin.

"Bereits eine geringfügig positive regelmäßige Energiebilanz von etwa 50 Kilokalorien pro Tag führt im Grundschulalter zu Übergewicht", sagt die Expertin. Das Überschreiten des Energiebedarfs sei gerade im Sommer durch zuckerhaltige Durstlöscher schnell erreicht. Schon ein kleines Glas Limonade schlage mit etwa 80 Kilokalorien zu Buche. Als Gegenmaßnahme empfiehlt Wiegand – neben mehr Bewegung im Alltag ‒ etwa die Bereitstellung von kostenlosen Wasserspendern in Kindergärten und Schulen.

Zur Therapie von Adipositas gehöre nichtsdestotrotz der Ausschluss bestimmter Hormonstörungen, betont der Berliner Arzt Sven Diederich. Viele Eltern vermuten insbesondere eine gestörte Schilddrüsenfunktion als Ursache, weil es in der Familie bereits Probleme mit dem Organ gebe. "Entgegen dieser Erwartung ist eine Unterfunktion der Schilddrüse jedoch extrem selten die Ursache einer Adipositas", entgegnet Diederich. (red, 16.8.2018)