Wien/Brisbane – In der Welt der Quantenphysik ist es möglich, dass sich Teilchen zugleich an verschiedenen Orten aufhalten. Dieses Phänomen der sogenannten "Superposition" gibt es auch in Bezug auf die Masse bzw. Energie von Körpern. Ist diese bei Quantenobjekten nicht genau definiert, könnten sie verschieden schnell fallen und damit Einsteins Äquivalenzprinzip umschiffen, berichten Forscher im Fachblatt "Nature Physics".

Magdalena Zych von der University of Queensland (Australien) und Caslav Brukner von der Fakultät für Physik der Universität Wien und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) machten sich Gedanken darüber, wie Einsteins Äquivalenzprinzip innerhalb der Quantenphysik auf eine neue Art und Weise getestet werden kann. "Das Prinzip hilft uns, die Gravitation als Raum-Zeit-Krümmung zu verstehen", so Brukner.

Gleiche Erdbeschleunigung

Der bekannteste Teil davon geht auf Galileo Galilei zurück. Er hatte schon im 16. Jahrhundert eindeutig festgestellt, dass auf alle Gegenstände die gleiche Erdbeschleunigung wirkt und diese daher – abzüglich des Luftwiderstands – gleich schnell fallen. Im Rahmen von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie wurde diese Gesetzmäßigkeit als "Schwaches Äquivalenzprinzip" bezeichnet und bereits unzählige Male bestätigt.

Dieses beruht auf der Annahme, "dass die schwere Masse und die träge Masse gleich sind", sagt Brukner. Unter letzterer wird jene Masse verstanden, die wir spüren, wenn man ein träges Objekt aus seiner Ruhelage hieven möchte. Sie ist also das Maß für die Trägheit. Die schwere Masse ist wiederum ein Maß für die gravitative Wechselwirkung einer Masse mit anderen – also deren wechselseitige Anziehungskraft.

Nachweis in der Quantenwelt

Ein zentraler Teil des "Schwachen Äquivalenzsystems" ist, dass beide Massen gleich sind. Ist das der Fall, trifft die Annahme zu, dass alle Objekte tatsächlich gleich schnell fallen. Was auch schon in der Quantenwelt mit einzelnen Atomen nachgewiesen wurde.

So wie der Ort, an dem sich ein Objekt aufhält, kann auch dessen Masse bzw. seine Energie einen Überlagerungszustand einnehmen – sich also in der Superposition befinden. Brukner: "Die Masse oder Energie muss also in der Quantenmechanik nicht wohldefiniert sein. Wir betrachten hier Quantenobjekte, die sich in einem solchen Überlagerungszustand befinden, und schauen dann, ob Einsteins Äquivalenzprinzip noch immer gültig ist."

"Quantenverletzung" des Äquivalentsprinzips

Die beiden Theoretiker gingen der Frage nach, was passieren würde, wenn durch die Überlagerung der Masse eine "Quantenverletzung" des Äquivalenzprinzips vorliegt. "Wir würden dann verschiedenste Effekte sehen", so Zych und Brukner, die diese nun vorhergesagt haben. So könnten etwa Atomwolken, die sich zwar im Zustand einer wohldefinierten trägen Masse befinden, deren Gravitationsmasse aber nicht wohldefiniert ist, anders verhalten: "Es könnte sein, dass unter diesen Umständen ein solches Objekt anders fallen würde als herkömmliche Objekte", erklärt Brukner.

Wenn sich die Gravitationsmasse in einer Superposition befindet, könnte auch eine einzige Atomwolke gleichzeitig verschiedene Beschleunigungen erfahren. Die Arbeit zeige jedenfalls, dass mit komplett neuen experimentellen Herangehensweisen unerwartete Effekte und neue Wege in der Physik erschlossen werden könnten. (APA, 13.8.2018)