Wien – Die innenpolitischen Turbulenzen in Rumänien könnten auch europapolitische Konsequenzen haben, übernimmt das Land doch mit Jahreswechsel den EU-Ratsvorsitz von Österreich. Unter rumänischer Ägide soll am 29. März 2019 der Brexit über die Bühne gehen, außerdem ist tags darauf in Sibiu (Hermannstadt) ein großer EU-Sondergipfel zur Reform der Europäischen Union geplant.

ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas sagte, es sei "noch zu früh", um beurteilen zu können, ob die sozialdemokratische Regierung in Bukarest den Herausforderungen des EU-Ratsvorsitzes gewachsen sein wird. Sollte es aber weiterhin Unterstützung für einen Schießbefehl und Gewalt gegen Demonstranten geben, "könnten wir vor einem noch nie da gewesenen Problem stehen".

SP-Weidenholzer: Kopenhagener Kriterien respektieren

"Gerade ein Land, das kurz vor der Übernahme der Ratspräsidentschaft steht, sollte die Kopenhagener Kriterien respektieren und verteidigen", forderte der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. "Es besteht die Gefahr, dass die Entwicklung, die wir derzeit in Ungarn und Polen beobachten, auf Rumänien übergreift", warnte er.

Der Fraktionschef der Liste Pilz, Wolfgang Zinggl, forderte auch deswegen einen Machtwechsel in Bukarest. "Eine neu gewählte Regierung wäre jedenfalls besser in der Lage, den EU-Ratsvorsitz und die damit verbundenen Aufgaben zu übernehmen", teilte er der APA am Montag auf Anfrage mit. Zugleich baut er auf den Staatspräsidenten. "Zum Glück gibt es aber auch andere Kräfte im Land, etwa den direkt gewählten Staatschef Klaus Johannis."

FP-Vilimsky: Keine Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten

Dagegen lehnte FPÖ-Europaabgeordneter Harald Vilimsky eine Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten Rumäniens ab. "Positive Auswirkungen gibt es sicher keine", räumte er im APA-Gespräch mit Blick auf den EU-Ratsvorsitz ein. Sein Grüner Kollege Michel Reimon sieht die Situation mit Galgenhumor. Die rumänische Regierung sei durchaus in der Lage, die Herausforderungen als EU-Ratsvorsitzland zu bewältigen – weil der Ratsvorsitz wegen der nahenden EU-Wahl ohnehin "de facto blockiert" sei. "Die innenpolitische Lage in Rumänien selbst ist besorgniserregend, auf die EU-Institutionen hat das geringe Auswirkungen."

"Bedingt durch Brexit und EU-Wahl ist der nächste Ratsvorsitz ohnehin kaum handlungsfähig, alle wichtigen Entscheidungen auf Ratsebene werden noch im österreichischen Vorsitz fallen müssen – und die EU-Reform nach dem Brexit kann erst nach der Wahl angegangen werden", erläuterte Reimon, der sich überhaupt für eine Abschaffung der halbjährlich rotierenden Ratspräsidentschaften aussprach. Schließlich wäre hierzulande auch die Landeshauptleutekonferenz nicht das richtige Gremium, um Österreich zu regieren.

Anders sehen das ÖVP, SPÖ, FPÖ und Liste Pilz. "Das System der rotierenden Ratspräsidentschaften wurde bereits entschärft", sagte Karas unter Verweis auf die ständigen Präsidenten von Europäischem Rat, EU-Außenministern und Eurogruppe. "Doch ganz abschaffen sollten man die rotierenden Ratspräsidentschaften nicht", fügte er hinzu.

"Ich würde am Ratsvorsitz nichts doktern", sagte Vilimsky. "Rumänien ist Mitglied unserer Gemeinschaft. Beim Ratsvorsitz gibt es ein Rotationsprinzip", stellte auch Weidenholzer fest. Ähnlich äußerte sich auch Zinggl. "Dass politische Proteste in einem Land ausschlaggebend dafür sein sollten, die halbjährliche Einrichtung der EU-Ratspräsidentschaft infrage zu stellen, würde die Situation in Rumänien überbewerten." (APA)