"Vice" Österreich muss sich eine neue Redaktion suchen.

Foto: Heribert Corn

Wien – "Vice" Österreich braucht eine neue Redaktion. Insgesamt acht Mitarbeiter kehren dem Lifestyleportal mit Herbst den Rücken, darunter befinden sich zwei, die beim lokalen Musik-Ableger "Noisey" arbeiten. Unter den Abgängen sind etwa "Vice"-Chefredakteur Markus Lust, Vizechefredakteurin Hanna Herbst, die zunächst noch in Bildungskarenz geht, und Managing Editor Verena Bogner.

Der Grund ist nach STANDARD-Infos die neue Struktur, die beim Österreich-Ableger des internationalen Portals implementiert wird. Mit Ende August liegt die redaktionelle Hoheit bei Laura Himmelreich, die von Deutschland aus auch Österreich und die Schweiz dirigieren soll. Statt einer eigenständigen Chefredaktion soll es in Österreich künftig nurmehr eine Redaktionsleitung geben. Journalistisch wird die Plattform bereits jetzt aus Artikeln unterschiedlicher "Vice"-Ableger gespeist, ein Teil davon ist jeweils länderspezifisch.

Erklärung auf Facebook

Zu den Hintergründen schreibt Vizechefredakteurin Herbst auf Facebook: "Die Richtung, in die 'Vice' gehen soll, entspricht nicht mehr dem, was 'Vice' für uns all die Jahre ausgemacht hat, weshalb wir den Weg so nicht mehr mitgehen möchten. Die Redaktion geht auch, weil wir geschlossen nicht hinter der Managemententscheidung stehen, 'Vice' in den drei deutschsprachigen Ländern zu einem gemeinsamen 'Vice'-DACH unter deutscher Führung und ohne Autonomie für die österreichische Redaktion zu machen."

Die "Entmachtung der Landes-Chefredaktionen" sei dabei der "letzte Schritt in einer knapp einjährigen Reihe von Veränderungen, die schließlich dazu geführt haben, dass nun endgültig alle aus der Crew die Entscheidungen und inhaltlichen Visionen der DACH-Führung nicht mehr mittragen wollen".

Diese Degradierung wollte die Österreich-Redaktion nicht hinnehmen, aufgelöst werde sie jedoch nicht, sagt Noch-Chefredakteur Markus Lust zum STANDARD, nur: Mit der neuen Struktur gehe die Autonomie flöten. Die Vorbereitungen hätten in den letzten Monaten dazu geführt, dass "Dinge komplizierter und bürokratischer geworden sind", so Lust, der seit sieben Jahren für "Vice" Österreich werkt, seit fünf Jahren ist er Mitglied der Chefredaktion.

"Das hier ist immer noch der beste Arbeitsplatz Österreichs, nur die neue redaktionelle Leitung kann ich in der Form nicht mittragen", schreibt er in einem Facebook-Posting.

Neben Lust, Herbst und Bogner verlassen die "Vice"-Redaktion noch Christoph Schattleitner, Tori Reichel, Franz Lichtenegger sowie Frederika Ferková und Isabella Khom von "Noisey".

"Vice" Österreich kam laut Österreichischer Webanalyse (ÖWA) im Juni 2018 auf 1,13 Millionen Visits. Für Juli sind keine Zahlen verfügbar. Im Juli 2017 erreichte das Portal noch 1,75 Millionen Visits, im Oktober 2017 waren es sogar mehr als 1,9 Millionen Visits.

Deutschland: Keine Verkleinerung in Österreich

"Vice" Deutschland bestätigt auf STANDARD-Anfrage die zahlreichen Abgänge, betont aber, dass das Österreich-Portal redaktionell nicht verkleinert werde. Ziel der neuen Struktur und des Ankers in Deutschland sei es, Ressourcen freizumachen, die wiederum in den Ausbau des journalistischen Produktes fließen sollen – etwa der Videoproduktion.

Chefredakteurin Himmelreich sagte zum STANDARD: "Es wird keine Schwächung des Standortes Österreich geben. Wir arbeiten jetzt mit Hochdruck daran, die besten jungen Leute zu uns zu holen." Es würden Nachfolger für alle Mitarbeiter gesucht.

"Vice" wurde im Jahr 1994 als kanadisches Lifestyle- und Jugendmagazin gegründet, der Fokus verlagerte sich schon bald Richtung online. In Österreich gibt es "Vice" seit 2007. (omark, 13.8.2018)