Die Osterinsel liegt im Südostpazifik, Tausende Kilometer von den nächstgelegenen Küsten Chiles und Australiens entfernt. Umwelthistoriker streiten nach wie vor darüber, ob das Schicksal seiner Bewohner als ein selbst verschuldeter Kollaps zu deuten ist, der auf einen wenig nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zurückging. Erst kürzlich haben Forscher in einer neuen Studie weitere Zweifel an diesem Kollaps formuliert.

Unzweifelhaft bestätigt ist eine Form der Umweltzerstörung, an der die heutigen Bewohner des Eilands zweifellos wenig Schuld tragen: Ein chilenisch-deutsches Forscherteam um den Meeresbiologen Martin Thiel (Universidad Católica del Norte in Coquimbo in Chile) berichtet im Fachmagazin "Frontiers in Marine Science" von einer erheblichen Mikroplastik-Konzentration rund um die Osterinsel und in bis zu 2.000 Kilometern Entfernung vor der chilenischen Küste.

Vermüllung eines abgelegenen Paradieses

Dieser Befund kommt nicht ganz überraschend: Bereits im Vorjahr hat eine Studie über ein anderes vermeintliches Paradies im Südpazifik für einiges internationales Aufsehen gesorgt: Das abgelegene Atoll Henderson, das 1988 zum Weltnaturerbe der Unesco erkennt wurde und als unberührtes Tier- und Pflanzenparadies galt, ist von einer Plastikmülllawine heimgesucht worden, wie auch der STANDARD berichtete.

Weltnaturerbe der Unseco und Plastikmüllparadies: das südpazifische Atoll Henderson.
Foto: Jennifer Lavers

Die Wissenschafter um Thiem analysierten für ihre neue Studie das Ausmaß der Verschmutzung rund um die Osterinsel und den Einfluss auf das marine Ökosystem. Sie analysierten unter anderem Wasserproben auf mehreren Expeditionen im Südpazifik zwischen der Osterinsel und dem südamerikanischen Festland. Außerdem werteten sie Berichte über marine Organismen aus, die sich in größeren Plastikteilen wie beispielsweise alten Fischernetzen verfangen hatten.

Erschreckend hohe Konzentration

Auf diese Weise konnten sie bei 97 verschiedenen Arten Kontakt mit Plastikmüll dokumentieren, sprich: Die Tiere waren entweder in dem Abfall verheddert oder hatten Plastik mit der Nahrung aufgenommen.

Einige der Plastikmüllfunde rund um die Osterinsel.

Dies betraf unter anderem 20 Fischarten, 53 Seevögel-Spezies, 19 verschiedene Meeressäuger und fünf Arten von Meeresschildkröten. In deren Mägen fanden sich alle möglichen Plastikfragmente, zum Teil in erschreckend hoher Konzentration, so einer der beteiligten Forscher. Diese Plastikteile beeinträchtigten oder schwächten die Lebewesen und dürften langfristig die Sterblichkeitsquote erhöhen.

Die Studie zeige sehr deutlich, dass sich die Partikel im Bereich der subtropischen Wirbel konzentrieren, erläutert der aus Deutschland stammende Thiem, der seit vielen Jahren in Chile lebt und sich gegen die Verschmutzung der Ozeane engagiert.

Karte der Plastikmüllfunde zwischen der Osterinsel und der chilenischen Küste.

Die Untersuchung bestätigte auch Mikroplastik-Messungen, die vor kurzem während der Segelregatta Volvo Ocean Race gemacht wurden, unter anderem auch am südpazifischen Point Nemo. Das ist jene Stelle, die weltweit am weitesten vom nächsten Land entfernt ist – und "natürlich" hat man auch da jede Menge Mikroplastik im Meerwasser gefunden. (red, 14.8.2018)