Einen Gewinner des Klimawandels gibt es ganz gewiss: den Sommertourismus. Österreich hat 163 Badeseen, und an den meisten von ihnen tummeln sich derzeit Urlauber in großen Scharen. Hotels sind gut gebucht, Restaurants bestens ausgelastet. Und wem Freizeit derzeit nicht möglich ist, der kann sich sicher sein: Die Badesaison wird lange genug dauern.

Dabei wird Laien kaum auffallen, wie sich die Gewässer zu ihrem Nachteil verändern und vielleicht noch verändern werden. Das Wasser ist aus der Sicht des Gewässerschutzes zu warm. Im Mondsee im Salzkammergut werden schon 28 Grad gemessen. Er ist derzeit nach den strengen Kriterien der EU-Wasserrahmenrichtlinie an der Kippe von guter Qualität zu mäßiger Qualität. Für Badegäste hat das derzeit, versichern die Wissenschafter des Instituts für Limnologie der Universität Innsbruck, keine Auswirkungen. Das am Ufer des Mondsees stationierte Institut ist seit 2012 bei der Uni, davor gehörte es zur Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Blick auf den Mondsee. Mit einer maximalen Tiefe von 68 Metern zählt er nicht zu den tiefsten Seen im Salzkammergut.
Foto: Gettyimages

Für den See sind die Folgen langfristig aber dramatisch, sagt Thomas Weisse, der sich mit Planktonökologie beschäftigt. Gesunde Ökosysteme in stehenden Gewässern würden sich zweimal im Jahr durchmischen, jeweils beim Erreichen von vier Grad Celsius, das ist die Temperatur, bei der die Wasserdichte am höchsten ist, und das sind die besten Bedingungen für die Zirkulation.

Nährstoffreicher Boden

Die Folge des verminderten Austauschs: Die Nährstoffe des Sees sind nicht mehr gleichmäßig verteilt. Der Boden, an der tiefsten Stelle 68 Meter unter der Wasseroberfläche, wird nährstoffreich. Das kann sogar auf die Geologie des Sees Einfluss nehmen. Dadurch werden Algen (Cyanobakterien) begünstigt, die die Nährstoffe in der Seetiefe noch verwerten können. Wenn die Wasserzirkulationen dann doch wieder mehr als einmal eintreten, sind gerade diese Algen begünstigt – und es kann zu einem starken Befall kommen.

Das ist freilich kein spezielles Problem des Mondsees, von diesem Phänomen sind alle tieferen Seen des Alpenraums betroffen. Beim Zürichsee blieb der ökologisch wichtige Vorgang des zweimal jährlich zirkulierenden Gewässers zuletzt ganz aus, weshalb Badebuchten schon gesperrt wurden, sagt Thomas Pröschold, der sich schwerpunktmäßig mit dem faszinierenden Artenreichtum der Wimpertierchen (Ciliaten) auseinandersetzt. Für Seen ist entscheidend, ob der Nährstoffgehalt in einem vernünftigen Verhältnis zum eigenen Ökosystem steht, zu wenig, aber auch zu viel ist schlecht.

Letzteres musste man in den 1960er- bis 1980er-Jahren durch Umweltverschmutzung erleben. In so einem Fall sprechen die Experten von Überdüngung (Eutrophierung). Sie wird häufig durch den Menschen verursacht, vor allem Phosphat- und Stickstoffeinträge können durch Überproduktion und Sauerstoffverbrauch zu Pflanzen- und Fischsterben führen. Algen blühen dagegen auf und bilden die von Ökologen und Hotelbesitzern gefürchteten Teppiche. Die können so riesig sein, dass man sie auch auf Satellitenbildern erkennt, berichtet Rainer Kurmayer, einer der Algenexperten am Institut. Blaualgen hätten über Millionen von Jahren faszinierende Überlebensstrategien entwickelt. Eine davon: Sie können dank Gasvesikeln im Wasser schweben und sich einschichten.

Massive Teppiche

Solche Teppiche sind massiv und lassen sich nur schwer beseitigen. In kalten Wintern werden die Algen zurückgedrängt. Da die Winter aber derzeit sehr mild sind, haben die Algen dieses Problem nicht. Und unter ihnen sind manche, die eigentlich in Bodennähe sind, aber durch die thermische Schichtung wieder hochsteigen können: Die zu den Blaualgen zählende Burgunderblutalge (Planktothrix rubescens) bildet Toxine, die den Stoffwechsel von Wirbeltieren negativ beeinflussen und lebensbedrohend sein können. Sie färbt den See blutrot. Für Menschen, die wissen, was das bedeutet, kein wirklich schöner Anblick.

Sparkling Bacteria

Kurmayer sagt, extreme Klimaereignisse wie Hochwässer, am Mondsee zuletzt 2002 und 2013 verzeichnet, können Algenblüten auch begünstigen. Und diese "Events" sollten zu den sichtbaren Folgen des Klimawandels auch hinzugezählt werden. Aus Sicht des Gewässerschutzes könnten die Erfolge gegen die Eutrophierung im vergangenen Jahrhundert durch direkte und indirekte Folgen des Klimawandels wieder zunichtegemacht werden.

Die Limnologen warnen davor, betonen aber auch, dass die Gefahr derzeit noch nicht besteht. Alles in allem ist der Mensch der entscheidende Faktor dafür, wie es den Seen geht, mehr Nutzung bedeutet logischerweise auch mehr Nährstoffeintrag. Dessen sollte man sich trotz aller Freude über nötige Abkühlung bewusst sein (Peter Illetschko, 15.8.2018)