Bild nicht mehr verfügbar.

Die meisten Unternehmen stöhnen unter einer Flut an neuen Vorschriften, wenige profitieren aber auch davon.

Foto: Aufwind-Luftbilder / Visum / picturedesk.com

Auslöser für die verschärften Vorschriften für Banken und Versicherungen war die letzte Finanzkrise. Nach der Maxime "Niemals wieder!" wurde den Märkten und Unternehmen eine Lawine neuer und schärferer Reglements auferlegt. Zum Glück für Anleger kann dies auch gut fürs Börsel sein, weil immer wieder Unternehmen direkt oder indirekt auch Profit vom Leid all jener ziehen, die das aufgezwungene Korsett ordentlich drückt.

Ein Unternehmen, das in diesem Bereich schon eine ganze Weile aktiv, aber der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt ist, ist die 1993 gegründete Temenos Group mit Sitz in Genf. Die Aktiengesellschaft mit rund 4600 Beschäftigten, die an der Schweizer Börse notiert, ist international tätig und auf Bankensoftware spezialisiert. Und in diesem Bereich gab es während der vergangenen Jahre einiges zu tun. Mehr als 3000 Unternehmen auf der ganzen Welt, darunter 41 der Top-50-Geldhäuser aus den Bereichen Retail, Corporate, Islamic und Universal Banking sowie aus dem Private-Wealth-Management und dem Microfinance- und Community-Banking, setzen auf die Schweizer Firma, um die täglichen Transaktionen von mehr als 500 Millionen Bankkunden zu verarbeiten.

Gefragte Bankensoftware

Das macht Temenos nicht nur zum viertgrößten Softwarehaus in Europa mit einem Gesamtumsatz von 737 Millionen US-Dollar, saftigen Gewinnen von über 185 Millionen Dollar und einer Marktkapitalisierung von über fünf Milliarden Dollar, sondern auch zum Marktführer im Bereich Bankensoftware.

Firmenchef David Arnott sieht Temenos unaufhaltsam auf Wachstumskurs: "Unser Ansatz ist, in hundert Ländern gleichzeitig Brückenköpfe zu errichten. Sich ein Land nach dem anderen vorzunehmen, braucht zu viel Zeit", erklärte Arnott kürzlich in einem Interview. Das erfreut Aktionäre, die das Temenos-Papier während der letzten drei Jahre schon um rund 368 Prozent steigen sahen. Allein heuer legte die Aktie um 24 Prozent zu.

Zu den klassischen Profiteuren von Regulativen im Finanzbereich gehören die Ratingagenturen. Die bekannteste und einflussreichste davon ist Standard & Poors (S&P), die unter S&P Global Inc. firmiert. Kernbereich der New Yorker Gesellschaft mit rund 17.000 Beschäftigten und einem Börsenwert von rund 47 Milliarden Dollar ist die Bewertung und Analyse anderer Wirtschaftsunternehmen, Banken und Staaten hinsichtlich ihrer Bonität.

Ratingagenturen als Nutznießer

Die Umsätze des Unternehmens prosperieren und stiegen von 5,6 Milliarden Dollar im Jahr 2016 auf mehr als sechs Milliarden im Vorjahr. Die Dividende stieg im gleichen Zeitraum von 1,44 auf 1,64 Dollar. In den letzten fünf Jahren legte die Aktie um mehr als 300 Prozent zu, im laufenden Jahr um rund ein Viertel.

Die weltweite Nummer zwei, wenn es um Ratings geht, ist Moody's mit 40 Prozent Weltmarktanteil und rund 2,5 Milliarden US-Dollar Umsatz. Der Moody's-Konzern setzt auf Diversifikation und übernahm im Vorjahr den niederländischen Datenspezialisten Bureau von Dijk für drei Milliarden Euro, der über umfangreiche Unternehmensdatenbanken verfügt.

Die Aktie legte heuer um rund ein Fünftel und in den letzten drei Jahren um mehr als 50 Prozent auf Dollarbasis zu. Über fünf Jahre liegt der Gewinn, wieder in Dollar, bei rund 220 Prozent.

Auch Post kann profitieren

Unerwartet schneidet auch ein heimisches Unternehmen ein Scheibchen von der "Regulitis" ab: Weil mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Umsatz zu generieren ist, hat sich die Österreichische Post auf diesem Feld emsig umgetan und offeriert auch Geschäftskunden, sich umfassend zu allen Fragen rund um den Datenschutz beraten zu lassen. Dafür haben die schlauen Postfüchse via Geschäftsfeld Mail Solutions auch die Data-Academy eingerichtet, die Schulungen, Workshops und Consulting zu allen Datenproblemstellungen, auch über die EU-DSGVO hinausgehend, anbietet.

Der Kurs der Aktie im letzten Jahr verlief recht erratisch; Ursache dessen dürfte die noch immer nicht abgeschlossene Suche nach einem Bankpartner nach dem Abgang der Bawag sein. Weil die Geschäfte per se aber rundlaufen, könnte ein Schub nach oben ins Haus stehen, sobald eine neue Kooperation mit einem anderen Geldhaus eingegangen wird. (Reinhard Krémer, 16.8.2018)