Die Rote Flut vor Florida hat sich in den vergangenen Wochen dramatisch verschärft.

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Sarasota – Ausnahmezustand an der Golfküste Floridas: Seit Wochen sterben dort Delfine, Meeresschildkröten, Fische und andere Meeresbewohner aufgrund einer intensiven Algenblüte in großer Zahl. Mehr als hundert Tonnen toter Tiere wurden allein in diesem Monat an den Stränden der Südwestküste des US-Bundesstaates eingesammelt. Schuld an dem auch als Rote Flut bezeichneten Phänomen ist die massenhafte Vermehrung von Mikroorganismen, die den Sauerstoffgehalt im Wasser senken und teilweise auch Giftstoffe produzieren.

Im Bezirk Sarasota wurden in den vergangenen Tage zwölf tote Delfine angespült, so viele wie sonst in einem ganzen Jahr. "Das macht einen körperlich und seelisch fertig", sagte Gretchen Lovewell vom Mote Marine Laboratory, die mit Helfern die toten oder halbtoten Meeresschildkröten und andere Meeressäuger einsammelt. Zusammen mit zwei Kollegen arbeite sie "rund um die Uhr".

Toxische Mikroorganismen

Unter den verendeten Delfinen war auch der zwölf Jahre alte Speck, den Forscher schon lange kennen: Er wurde in der Nähe von Siesta Key gefunden. Ihm war zu Forschungszwecken die Nummer 252 auf der Rückenflosse eingeprägt worden. Wissenschafter hatten ihn mehr als 300 Mal in der Bucht von Sarasota gesichtet, bevor er jetzt verendete.

"Es ist niederschmetternd", sagte Randall Wells, Leiter des örtlichen Delfin-Forschungsprogramms der Zoologischen Gesellschaft von Chicago. "Wir kannten Speck, seitdem er geboren wurde." Schon seine Mutter und Großmutter seien im Rahmen des Forschungsprogramms beobachtet worden.

Die Ursache für Specks Tod ist mutmaßlich die Rote Flut – die Laborergebnisse werden allerdings erst in einigen Wochen erwartet. Rote Flut wird die massenhaften Verbreitung des Mikroorganismus Karenia brevis oder des Augentierchens Euglena sanguinea genannt, die die Wasseroberfläche rot färbt und das Ökosystem massiv beeinflusst. Karenia brevis produziert Giftstoffe, die für Meeresbewohner tödlich sein können. Beim Menschen können sie Kopfschmerzen, tränende Augen, Husten und Asthma auslösen.

Starke Zunahme

Die Einzeller sind ganzjährig in geringen Mengen vorhanden. Bei einer starken Ausbreitung können die Toxine von Meeresbewohnern aufgenommen werden, viele Tiere sterben auch nach dem Verzehr von kontaminiertem Fisch oder Seegras. Auch Orientierungslosigkeit, Krampfanfälle und Koordinationsprobleme gehören zu den Symptomen.

Die aktuelle rote Flut begann bereits im vergangenen Oktober, in den letzten Wochen weitete sie sich jedoch dramatisch aus. Derzeit erstreckt sie sich an der Westküste Floridas von Tampa bis Naples auf einer Strecke von etwa 320 Kilometern. Experten vermuten, dass das Phänomen ähnlich wie die Blaualgen (Cyanobakterien) durch Überdüngung im Rahmen der industriellen Landwirtschaft sowie durch unsachgemäße Abfallbeseitigung befördert wird. (red, APA, 16.8.2018)