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A1-Kunden können mit dem "Free Stream"-Paket ohne Verbrauch ihres Datenvolumens auf Whatsapp und FB Messenger chatten

Foto: Reuters/Foeger

Wer Musik streamen und chatten will, ohne sich um den Verbrauch seines Datenvolumens zu kümmern, ist bei A1 gut aufgehoben. Der Mobilfunker bietet "Free Stream"-Pakete an, die entweder Musik- und Chat-Apps oder zusätzlich auch noch Videostreaming-Anwendungen beinhalten. Für Kunden mag das bequem erscheinen, langfristig sehen Netzaktivisten jedoch eine Gefahr in derartigen Angeboten.

Gleiche Rechte für alle Daten

So stellen Pakete, in denen bestimmte Apps kein Datenvolumen verbrauchen, einen Verstoß gegen die Netzneutralität dar – zumindest nach deren klassischer Interpretation. Prinzipiell bedeutet ein neutrales Netz nämlich, dass alle Datenströme gleich behandelt werden. Über die Frage, ob das auch die Verrechnung beinhaltet, ist ein erbitterter Streit entbrannt. Aktivisten sagen Ja, Mobilfunker Nein – und die EU hat sich um eine endgültige Klärung dieser Frage gewunden.

Keine Drosselung

Die europäischen Regeln zur Netzneutralität sehen prinzipiell nur vor, dass keine Daten gedrosselt oder "beschleunigt" werden dürfen. Das heißt, dass Internetanbieter bestimmte Apps nicht verlangsamen dürfen, um deren Betreiber zu einer Kooperation oder Nutzer zu einem Wechsel auf andere Angebote zu zwingen. Derartige Methoden sollen Internetanbieter in den USA anfangs gegen Netflix angewandt haben. Gemäß EU-Recht wäre das streng verboten.

Streitpunkt "Zero Rating"

Anders ist das beim sogenannten "Zero Rating", wo Kunden bei bestimmten Diensten kein Datenverbrauch angelastet wird. Für Netzaktivisten ist diese Art von Tarif dennoch eine Verletzung der Netzneutralität, da ausgewählte Apps indirekt bevorzugt behandelt werden. Warum das ein Problem sein könnte, zeigt sich etwa am Angebot "Free Stream Chat" von A1. Der Mobilfunker lässt dessen Nutzer dort den Facebook Messenger und Whatsapp verwenden, ohne Datenverbrauch zu verrechnen.

Facebook-Apps

Das heißt, dass User, deren Datenvolumen fast aufgebraucht ist oder für andere Zwecke verwendet werden muss, zwingend auf einen Chat-Dienst aus der Facebook-Familie zurückgreifen müssen. Zwar ist Whatsapp Ende-zu-Ende-verschlüsselt, gewisse Nutzungsdaten (wer wann mit wem) landen aber dennoch bei Facebook.

A1 treibt mit diesem Tarif seine Nutzer also in die Arme des Social-Media-Giganten, ohne Alternativen wie Signal, Threema, Telegram oder Snapchat anzubieten. Damit gibt es ein reales Beispiel dafür, warum Aktivisten bei "Zero Rating" vor der Stärkung von Marktführern gewarnt haben.

Bevorzugung?

Bei seinen "Free Stream"-Tarifen für Video und Musik ist A1 ausgewogener: Hier können Nutzer aus fast alle gängigen Apps wählen, es wird also nicht ein Dienst bevorzugt. Das macht wiederum Konkurrent "3", der seinen Nutzern einen "Spotify-Tarif" anbietet. Hier haben Alternativen wie Apple Music oder Deezer das Nachsehen.

A1 betont, dass für die Aufnahme der Apps in das "Free Stream"-Angebot kein Geld fließt. Prinzipiell könne sich jeder legale Dienst melden, um ebenfalls dazuzugehören. Fraglich ist, ob das auf Dauer so bleibt. Für die Kunden brächte es jedenfalls mehr Vorteile, wenn die Mobilfunker ihre Tarife allgemein verbesserten, also etwa günstiger oder mit weitaus mehr Datenvolumen gestalteten, die User dann frei verwenden können.

Abtausch gegen Roaming-Gebühren

Die "Zero Rating"-Tarife sollen den Mobilfunkern jedenfalls Zusatzeinnahmen ermöglichen, die angeblich durch den Wegfall der Roaminggebühren in der EU nötig wären. Über konkrete Regeln für Netzneutralität war ein jahrelanger Streit in der EU ausgefochten worden. Schlußendlich entschied sich die EU-Kommission dafür, lieber "Zero Rating" in Kauf zu nehmen, als weiteren Widerstand gegen das Ende der Roaming-Gebühren zu provozieren. Letztere Maßnahme hatte einen hohen Symbolgehalt, während die Gefahren von Zero-Rating erst in ferner Zukunft schlagend werden. (Fabian Schmid, 3.9.2018)