Schwarz statt goldig: Die Isolationshülle der europäischen Galileo-Navigationssatelliten ist auf einen langfristigen Einsatz im Orbit ausgerichtet.

Foto: Esa

Auf dem langen Weg zu einer europäischen Satellitennavigation, die genauer als das verbreitete US-System GPS arbeiten soll, ist man wieder ein paar Schritte näher am Ziel. Im Juli startete eine Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana, um vier weitere Satelliten in den Orbit zu befördern. Ihre Zahl steigt damit auf 26. Bei einem letzten Flug im Jahr 2020 kommen dann noch einmal vier dazu, um eine lückenlose Abdeckung zu erreichen.

Wie der Großteil aller Raumfahrzeuge müssen auch die Galileo-Satelliten vor großer Hitze und Kälte im All geschützt werden, um ein Funktionieren der Elektronik an Bord sicherzustellen. Bei vielen der internationalen Raumfahrtmissionen kommt diese Thermalisolierung aus Wien-Meidling.

Ruag Space Austria, ein Tochterunternehmen des Schweizer Ruag-Konzerns, entwickelt und produziert hier und in Berndorf in Niederösterreich mit etwa 250 Mitarbeitern Bauteile für die Reise ins All – neben Isolierungen auch verschiedene weltraumtaugliche Elektronikkomponenten.

Auch die Schutzschicht aller Galileo-Satelliten kommt von der Ruag. "Die Thermalisolierungen werden für jedes Raumfahrzeug eigens definiert und ausgewählt", erklärt Ruag-Geschäftsführer Max Kowatsch.

Für die Navigationssatelliten besteht das System aus zehn Lagen spezieller Kunststoffsichten mit insgesamt etwa drei Millimeter Dicke. Sie entsprechen einer Isolationsfähigkeit von einer zehn Meter dicken Ziegelmauer oder sechs Meter Styropor – eine Dämmwirkung, die sich mit diesen Mitteln leider nur im Vakuum und nicht an irdischen Hausmauern entfalten lässt.

Polyester und Aluminium

Grundsätzlich besteht der Aufbau einer MLI, einer "Multilayer Insulation", wie Ruag-Projektleiter Wolfgang Pawlinetz den Thermalschutz im Fachjargon nennt, aus einer Reihe hochqualitativer Polyesterfolien, die mit jeweils sechs Mikrometer Durchmesser dünner als ein Haar sind.

Auf sie werden hauchdünne Aluminiumschichten aufgedampft, die die goldfarbene Anmutung vieler Satelliten bestimmen. Die äußerste Schicht besteht aus einer robusteren Kunststoffschicht aus sogenanntem Polyimid. Eine weitere Komponente ist ein Gewebe ähnlich jenem der Tutus von Balletttänzerinnen: Tüll. Das Material mit seiner geringen Oberfläche hält die einzelnen Lagen des Isolierungssystems auf Distanz, sodass sich im All auch hier das Vakuum ausbreiten kann.

Schutzhüllen für Satelliten werden mittlerweile halbautomatisiert hergestellt. Anders würde das bei den 12.000 Elementen, die das Unternehmen etwa für die 81 Kommunikationssatelliten von Iridium Next produziert, kaum funktionieren. Kowatsch verweist hier auf das Thermalisolationsgeschäft außerhalb der Weltraumtechnik, das in den letzten 15 Jahren für die Ruag gewachsen ist und die Automatisierung begünstigt hat. So werden etwa auch für Magnetresonanztomografen Isolationen in Serie erzeugt.

Bei den Einzelanfertigungen für Wissenschaftsmissionen ist dagegen Handarbeit gefragt. "Skalpelle, Pinzetten und Nähmaschinen sind im Reinraum im Einsatz", sagt Pawlinetz. Eine der aufwendigsten Entwicklungen war jene für Bepicolombo: Die europäisch-japanische Sonde zum sonnennächsten Planeten Merkur, die nun im Oktober 2018 starten soll, muss Temperaturen von bis zu 560 Grad Celsius widerstehen. Während die Satellitenisolierung nur drei Millimeter dick ist, kommt jene von Bepicolombo auf fünfeinhalb Zentimeter.

Sonne und Grillstein

"Befindet sich die Sonde im Orbit, ist auf der sonnenabgewandten Seite der Planet, der sie wie ein heißer Grillstein aufheizt", erläutert Pawlinetz eine Problematik. Um den harschen Bedingungen zu widerstehen, arbeiten die Entwickler, die bereits 2007 mit der Arbeit an Bepicolombo starteten, mit Außenlagen aus Keramikfasern, Titan und Glasgewebe.

Zudem wurden Schichten eingebaut, die Schutz vor Mikrometeoriten geben und deren Energie abbauen sollen. "Von der Außenschicht bis zum Satellitenkörper muss die Temperatur von 500 auf 50 Grad Celsius reduziert werden", betont der Entwickler.

Doch auch die Galileo-Navigationssatelliten bieten Eigenschaften abseits der traditionellen Bauart. Hier verfärbt sich nämlich das – vom Aluminium herrührende – Gold der äußeren Schicht mit der Zeit in ein dunkles Braun. Dieser Prozess, hinter dem vor allem die UV-Strahlung steht, hat wiederum Einfluss auf die Eigenschaften der Isolierung, die nun unter Umständen den hohen Temperaturen nicht mehr standhalten kann.

Pawlinetz und Kollegen gehen deshalb bei Galileo einen anderen Weg. Sie versetzten die Polyimid-Außenschicht mit Kohlenstoff, sodass sie völlig schwarz erscheint. Der Vorteil: keine Verfärbungen. Die Isolierung muss zwar leistungsfähiger gestaltet sein, die thermooptischen Eigenschaften können sich im Lauf der Zeit aber nicht mehr verschlechtern. (Alois Pumhösel, 18.8.2018)