So sieht das neue Modell des Davis-Cups aus.

Orlando – Nach 118 Jahren wird der traditionelle Davis-Cup ab 2019 von Grund auf verändert. Bei der Generalversammlung des Internationalen Tennisverbandes (ITF) in Orlando haben sich die Mitglieder mit 71 Prozent der Stimmen für die revolutionäre Änderung entschieden. Nötig war eine Zweidrittelmehrheit, viele Verbände ließen sich trotz aller Bedenken offenbar von der Aussicht auf neue Einnahmen locken. Für die einen ist es der Tod einer lieb gewonnenen Tradition, für die anderen der Aufbruch in eine bessere Zeit.

Großer Sieger dieser Wahl ist ITF-Präsident David Haggerty, der die Reform angetrieben hatte. Unter den großen Verlierern sind die Traditionalisten, etwa Großbritannien, Australien und Deutschland, die dagegen gestimmt haben. Die Modusänderung bringt ein Finalturnier mit 18 Nationen, die in sechs Gruppen zu je drei Nationen aufgeteilt werden.

Geldsegen und Fassungslosigkeit

Gerard Pique, der von seinem Arbeitgeber FC Barcelona freibekommen hatte und sein Projekt am Donnerstag noch einmal in Orlando vorstellte, hat mit der von ihm gegründeten Investmentgruppe Kosmos einen 25-Jahre-Deal in Aussicht gestellt. 120 Millionen Dollar sollen über diesen Zeitraum jährlich an die ITF gehen, wobei zuletzt zu hören war, dass nicht das gesamte Geld in den Davis-Cup fließen soll.

"Für uns ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung, die uns erst einmal fassungslos macht", sagte Ulrich Klaus, Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB): "Wir sind bis zum Schluss davon ausgegangen, dass die Mehrheit der Mitgliedsnationen vernünftig und mit Bedacht abstimmen würde. Wir haben stets betont, dass wir gewisse Anpassungen im Davis-Cup für notwendig erachten – aber keine Reform, die den etablierten Wettbewerb abschafft."

Für den deutschen Teamkapitän Michael Kohlmann zerstört die Reform "die lange Tradition eines der wichtigsten Wettbewerbe im Welttennis unwiderruflich".

Jubel bei den Vertretern der Kosmos-Gruppe um Fußballstar Gerard Pique (rechts) nach der Abstimmung im Ritz-Carlton-Hotel von Orlando
Foto: apa/afp/newton

Best of three

Bereits ab 2019 wird es keine Weltgruppe mit 16 Teams mehr geben. Stattdessen wird es in der fünften Woche jedes Kalenderjahrs eine Qualifikation mit 24 Mannschaften geben, in der auch noch das Heim- oder Auswärtsrecht sowie die Wahl eines Belags weiter existiert. Die zwölf Sieger spielen gemeinsam mit den vier Halbfinalisten des Vorjahrs sowie zwei Wildcard-Ländern in einem Finalturnier mit sechs Dreiergruppen. Geplant ist nach wie vor, den Bewerb am umstrittenen Termin nach den ATP World Tour Finals auszutragen. Die Saison wird dadurch also verlängert.

Beim Finalturnier, das zumindest in den nächsten zwei Jahren in Europa ausgetragen werden soll (ob in Madrid oder Lille, wird in den nächsten Wochen entschieden), wird ein Belag vorgegeben. Es wird nur noch im Best-of-three-Modus, also auf zwei Gewinnsätze, gespielt, zudem werden nur noch zwei Einzel und ein Doppel an einem Tag ausgetragen. Im Round-Robin-Format werden vom Montag bis Donnerstag sechs Gruppensieger sowie die zwei besten Gruppenzweiten ermittelt. Danach folgen von Freitag bis Sonntag Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel. Die zwei schwächsten Gruppenteams steigen in die jeweiligen Zonen ab.

ÖTV hat keine Meinung

Österreich hat sich als eines der wenigen Länder, möglicherweise sogar als einziges der Stimme (der ÖTV hatte fünf Stimmen im Wahlsystem) enthalten. Es gab im fünfköpfigen Präsidium des Tennisverbands kein einstimmiges Votum, worauf man sich für diesen Ausweg entschied. "Die Abstimmung war eine schwere Sache für unseren Verband", sagte ÖTV-Geschäftsführer Thomas Schweda, "nun werden wir dem neuen Format eine Chance geben. Wir sind alle gespannt, wie sich der Davis-Cup entwickelt."

Kritiker des neuen Modus meinen in seit Wochen laufenden Diskussionen in den sozialen Netzen, dass damit nicht nur viele Emotionen verlorengehen, weil es eben keine Heimatmosphäre mehr geben wird, sondern auch viele Fans. Denn wer es sich nicht leisten kann, an den Finalschauplatz zu reisen, kann den Event nur im Fernsehen verfolgen. Ebenso werden viele Tennisfans, die gar keine ATP-Events in ihrem Land haben, nicht die Chance auf einen Kontakt mit Spitzentennis mehr haben.

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Davis-Cup in seiner alten Form ist Geschichte. Immerhin: die "hässlichste Salatschüssel der Welt" bleibt die Siegestrophäe.
Foto: Reuters/Gonzalo Fuentes

Problematischer Termin

Hinzu kommt der Termin, der nun für 18. bis 24. November 2019 in Woche 47 geplant ist. Also unmittelbar nach den ATP World Tour Finals. Dabei galt es als ein Hauptziel, wieder mehr Top-Ten-Spieler in den Davis-Cup zu lotsen. Ob sich die besten acht Spieler des Jahres nach den Strapazen in London leichter zum Davis-Cup lockenlassen, wird abzuwarten sein.

Zudem plant die ATP selbst eine hoch dotierte Wiederaufnahme des ATP World Team Cups ab Jänner 2020 in Australien und steht damit nur zwei Monate nach dem Davis-Cup-Finalturnier in direkter Konkurrenz zur ITF. Der nun auch nach außen nicht mehr zu verheimlichende Machtkampf zwischen den großen Playern im Welttennis ist voll ausgebrochen.

Österreichs Davis-Cup-Team, das vom 14. bis 16. September in Graz gegen Australien um den Aufstieg in die "neue Weltgruppe" kämpft, könnte im Falle eines Sieges also schon 2019 im Premierenjahr mit von der Partie sein. Selbst wenn man in der Europa-Afrika-Zone verbleiben sollte, wird sich der große Geldregen auch in den diversen Zonen beträchtlich auswirken. Dies hatte ÖTV-Geschäftsführer Schweda schon in Kitzbühel avisiert, denn allein in der aktuellen Zone soll das Fünf- bis Sechsfache an Preisgeld lukriert werden. (APA, sid, 16.8.2018)