Auch mit 78 Jahren verströmt Gilberto noch Elan wie ein Junger und wird nicht müde, den Konzern umzustrukturieren und zu straffen.

Foto: Autogrill Handout

Der 78-jährige Gilberto Benetton ist das Finanzgenie der italienischen Unternehmerfamilie. Ihm haben die Benettons zu verdanken, dass der Autobahnbetreiber Atlantia zur Cashcow ihres Konzerns wurde. Nun, nach der Autobahntragödie in Genua, muss Gilberto mit Bedacht vorgehen: Die Regierung will das Filetstück des Benetton-Imperiums reverstaatlichen. Sie wirft dem Unternehmen vor, notwendige Investitionen in die Autobahninfrastruktur unterlassen zu haben. Atlantia bestreitet das – und wer Gilberto kennt, weiß, dass er sich nicht kampflos der Politik ergeben wird.

Gilbertos Aufstieg begann an der Seite seiner Geschwister Luciano, Giuliana und Carlo, mit denen er 1965 den Modekonzern Benetton Group gründete. Bald erkannte der dritte Spross der Familie die Notwendigkeit zu diversifizieren. Dafür nutzte er die Privatisierungswelle der 1990er-Jahre, indem er etwa die Mehrheitsbeteiligung an Autostrade und der Restaurantkette Autogrill erwarb.

Wichtiger Flughafenbetreiber

Mit Beteiligungen an den Flughäfen von Rom, Florenz, Bologna und Turin zählt Benetton auch zu den wichtigsten Flughafenbetreibern in Italien. Die neu erworbenen Gesellschaften werden von der Familienholding Edizione kontrolliert. Dieser steht Gilberto heute noch als Präsident vor. Inzwischen verzeichnet sie einen Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro und beschäftigt 85.000 Personen. Im Gegensatz zu Bruder Luciano, der als äußerst charmanter Gesprächspartner zum Liebling der italienischen Medienszene avancierte, gibt sich Gilberto in Interviews wortkarg und besteht auf Fakten.

"Gilberto hat einen angeborenen Spürsinn für Investitionen und Visionen", schreibt der Corriere della Sera. Er sitzt im Verwaltungsrat der Mailänder Investmentbank Mediobanca, des Reifenkonzerns Pirelli und der Allianz-Gruppe und hat in der norditalienischen Hochfinanz ein wichtiges Wort mitzureden. Einzig die Beteiligung bei Telco-Telecom Italia hat er abgegeben und gestanden, dass das Engagement "der größte Fehler meiner Karriere" war.

Auch mit 78 Jahren verströmt Gilberto noch Elan wie ein Junger und wird nicht müde, den Konzern umzustrukturieren und zu straffen. Es war auch Gilberto, der wichtige ausländische Investoren überzeugte, in Atlantia zu investieren. Die Regierung Renzi brachte er dazu, die Autobahnkonzession zu verlängern. Kein Wunder, dass das nun der rechtspopulistischen Regierung in Rom ein besonderer Dorn im Auge ist. (Thesy Kness-Bastaroli, 16.8.2018)