In dieser Sitzarchitektur von Eva Schlegel macht man es sich zusammen mit dem eigenen Spiegelbild gemütlich. Das Objekt wird dereinst als Raucherpavillon im Museum Liaunig stehen.

Foto: Farid Sabha

Um einen Raum zu vergrößern, muss man nicht zwangsläufig zum Werkzeug greifen und Wände herausreißen. Auch ein wandfüllender Spiegel könnte eine Lösung sein. An der faktischen Größe einer Räumlichkeit ändert das natürlich nichts, aber vom Gefühl her hat man dann doppelt so viel Platz. Die Designer von Regalen im Supermarkt nutzen diesen Schmäh gern, um die Auswahl größer wirken zu lassen.

Auf Spiegeln beruht auch eine erlebenswerte Installation der Künstlerin Eva Schlegel in der Dominikanerkirche Krems. Montiert auf hochaufragenden Stahlgerüsten, hängen sie in unterschiedlichen Höhen im Raum gleichsam wie Regalflächen von Stellagen. Überhaupt denkt man auf den ersten Blick vielleicht an den Ikea-Abholraum. Wer einen zweiten Blick wagt und zwischen den Gerüsten wandelt, erlebt einen Raum in Dauermetamorphose.

Eva Schlegel: "space with man left out – no man’s space (Niemandsraum)", 2016
Foto: Farid Sabha

Endlose Schächte

Hier zeigt sich weit über der Kopfhöhe ein Stück des Kirchenbodens; dort wird vermittels Bodenspiegel das Gewölbe zum Grund. Wer sich auf das Gedankenspiel einlässt, bekommt momenteweise den Eindruck, Zwischen- oder Kellergeschoße seien ins altehrwürdige Gemäuer eingezogen worden. Zudem sind manche Spiegel in Bodennähe so eng übereinander angebracht, dass sie einander gegenseitig spiegeln und mithin endlos tiefe Schächte suggerieren.

Space with man left out – no man's space (Niemandsraum) heißt Schlegels Rauminstallation. Tatsächlich dienen die Spiegel nicht der Befriedigung narzisstischer Betrachter. Sie sollen vielmehr zum Nachdenken über den Raum – den architektonischen und den immateriellen – einladen.

Eva Schlegel: "Ohne Titel (248)", 2017
Foto: Eva Schlegel / Bildrecht, Wien, 2018

Verschwommene Blicke

Fragen des Raums sind Fluchtpunkt auch jener Arbeiten, die die 1960 geborene Künstlerin in der Kunsthalle Krems zeigt. Es handelt sich um "verschwommene" Architekturfotografien. Ausschnitte von Stiegenhäusern, Gangfluchten oder Fenstern sind zu sehen. Wenn es nach der Künstlerin geht, soll durch das Wegfallen von Details und Texturen ein neues Nachdenken über die Räume, die uns umgeben, möglich werden.

Eva Schlegel: "Ohne Titel (049)", 2005
Foto: Eva Schlegel / Bildrecht, Wien, 2018

Sicher ist, dass die monumentalen Bilder den Wahrnehmungsapparat vor eine Herausforderung stellen: Man hat das – beständig enttäuschte – Gefühl, die Schärfe sei nur ein Blinzeln entfernt. Schlegel wandte das Konzept der Unschärfe übrigens zuvor auf Menschendarstellungen an: Zwei Frauenporträts sind in der Ausstellung Eva und die Zukunft reloaded im Forum Frohner zu sehen.

Um digitale Räume geht es im großen Saal der Kunsthalle. Drei Videos von Schlegel befassen sich hier mit dem Weltraum respektive dessen Computersimulation. Worauf die Arbeit fokussiert, ist der Widerspruch zwischen dem digital generierten und dem physischen Raum: Computergenerierten Fahrten durch angebliche unendliche Weiten stehen Aussagen von Astronauten gegenüber, die vom körperlichen Erleben des Raumfahrens berichten. (Roman Gerold, 20.8.2018)

Drei Videos im großen Saal der Kunsthalle Krems thematisieren den Weltraum und seine digitale Simulation.
Foto: Christian Redtenbacher