Der Möbelmarkt ist umkämpft. Zu den flottesten unter den Konkurrenten gehört Kika/Leiner nicht.

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Wien – Die Sparpläne bei der Einrichtungskette Kika/Leiner sorgten am Freitag für zahlreiche betroffene Reaktionen aus der Politik. Wie berichtet, könnten rund 1100 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Vier Filialen werden geschlossen. Die Bürgermeister von St. Pölten, Matthias Stadler (SPÖ), und Wiener Neustadt, Klaus Schneeberger (ÖVP), sprechen von einem schweren Schlag. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher hegt den Verdacht, dass es "Konzernkanzler Kurz darum ging, René Benko die lukrativen Immobilien der Kika/Leiner-Gruppe zuzuschanzen".

Mehr Verständnis äußert Leiner-Betriebsratsobmann Karl Vogl. "Wir sind nicht begeistert von Hausschließungen, weil wir die Marke dann in ganzen Regionen verlieren, aber aus wirtschaftlichen Gründen sind Maßnahmen notwendig, um das ganze Unternehmen am Markt zu halten", sagt er im ORF-Radio.

Obwohl der heimische Handel zuletzt von Großinsolvenzen erschüttert worden ist und seit 2010 mehr als 10.000 Personen bei Pleiten, Zerschlagungen und Übernahmen ihre Stellen verloren, bleibt der Einzelhandel ein Jobmotor. Die Beschäftigung ist seit 2010 um neun Prozent auf 333.500 gestiegen. Der Frauenanteil ist mit 73 Prozent hoch. Der Anteil der Männer wuchs mit 14 Prozent sogar doppelt so stark wie jener der Frauen. Stagniert hat die Möbelbranche. Die Beschäftigtenzahl von 25.700 hat sich kaum verändert.

Rosskur trifft auch zahlreiche Mitarbeiter

Die ersten Pflöcke sind eingeschlagen. Und das sehr rasch, nachdem René Benko mit seiner Signa-Gruppe die Möbelhäuser der maroden Einrichtungskette Kika/Leiner um 500 Millionen Euro erworben hat und mit weiteren 100 Millionen das Kapital aufmöbelt.

Damals, im Juni, wurde von allen Seiten applaudiert. Mitarbeiter, Lieferanten und die Politik war voll des Lobes für den Tiroler Immobilieninvestor. Zwei Monate später, nachdem die ersten Restrukturierungsschritte bekannt geworden sind, ist es mit dem vielen Lob vorbei. Vier der insgesamt 50 Standorte – in Innsbruck, Wiener Neustadt, Vösendorf und Spittal/Drau – werden zugesperrt. In Summe könnte ein Fünftel der Belegschaft – rund 1.100 Mitarbeiter – nach Hause geschickt werden. Offiziell bestätigt ist diese Zahl noch nicht.

Alte Probleme

Auch wenn jetzt die Überraschung vielerorts groß zu sein scheint, eines war von vornherein klar: Ohne Restrukturierung wird Signa Kika/Leiner nicht aus der Verlustzone führen. Dass die Möbelkette ein Problem hat, trat nicht erst mit der Benko-Übernahme zutage. Schon dem mittlerweile beurlaubten Österreich-Chef Gunnar George war bewusst, dass er jeden Stein dreimal umdrehen muss, um zu schauen, wie der Möbelhändler wieder flottzubekommen ist. Die erst im Vorjahr gestartete Diskontlinie Lipo wurde bereits wieder eingestampft. George hielt das Schließen von Filialen für die schlechteste aller Alternativen. Wohl mit ein Grund, dass er jetzt seinen Job los ist.

Schon unter seiner Ägide war klar, dass die Kette die Zahl der Lieferanten, die schon 2017 von 1.700 auf 1.100 gesunken ist, weiter reduzieren muss, um Komplexität zu reduzieren. Was außerdem auf der To-do-Liste stand: Millionen in eine effizientere Logistik, in die Modernisierung mancher Filialen, aber auch in eine zeitgemäße EDV zu investieren. Operativ hat Kika/Leiner eine schwarze Null geschrieben. Dass sich ein Investor damit nicht zufriedengibt, kann nicht überraschen. Noch dazu, wo Gewinn und Verlust bei einer Umsatzrendite von zwei bis drei Prozent nahe beieinanderliegen.

Dazu kommt: Der Markt ist heißumkämpft und hochkonzentriert. Zwei Drittel der Gesamtumsätze von rund 4,5 Milliarden Euro erwirtschaften die drei Großen: die heimische XXXLutz-Gruppe, Kika/Leiner und Ikea. Wobei XXX-Lutz und Kika/Leiner vor Jahren gleichauf waren, mittlerweile ist die Lutz-Gruppe mit doppelt so vielen Filialen davongezogen und durch Zukäufe neben Ikea zu einem der größten Player Europas herangewachsen. Das Möbelhaus aus Schweden treibt die Branche vor sich her.

Hochproduktive Konkurrenz

Auch wenn Ikea hierzulande keine zehn Filialen hat, ist der Konzern hochproduktiv: 3000 Euro je Quadratmeter im Jahr erwirtschaften die Traditionshäuser, bei Ikea ist es dagegen bis zu dreimal so viel. Allein Ikea Vösendorf macht 300 Millionen Euro Umsatz im Jahr, Kika/Leiner kam im Vorjahr mit all seinen Filialen auf 800.000. Dass hier Handlungsbedarf herrscht, ist also nicht zu übersehen. (Regina Bruckner, 17.8.2018)