Ein Baum kommt auf eine Vielzahl von Jahresringen. Holz zu verbrennen, und sei es ein Abfallprodukt wie Späne, sei ein Frevel. Es ließen sich sinnvollere Sachen damit machen, meinen manche Kritiker.

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Vorstandschef von Pfleiderer: Tom K. Schäbinger.

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Holz ist wieder in, und das nicht erst seit gestern. Immer öfter geraten sich so unterschiedliche Branchen wie Papierindustrie, Spanplattenproduzenten und Biomasseproponenten in die Haare. Denn alle wollen sich möglichst günstig mit dem Rohstoff Holz eindecken.

In all den genannten Industrien ist Österreich, gemessen an der Größe des Landes, im oberen Drittel internationaler Rankings zu finden. In kaum einer anderen Branche ist die Dominanz aber so groß wie bei Spanplatten. Und sei es, dass Österreicher in ausländischen Firmen den Ton angeben.

Pfleiderer ist so ein Fall. Seit gut einem Jahr ist der Niederösterreicher Tom Schäbinger Vorstandsvorsitzender der deutsch-polnischen Gruppe. Er hat Managementerfahrung bei Unilever und Beiersdorf gesammelt, war dann 16 Jahre beim Verpackungshersteller Mondi und vor seiner Berufung an die Spitze von Pfleiderer CEO beim Kühlgerätehersteller Bundy Refrigeration.

Kritik an der Politik

Er kritisiert die Politik. Durch Markteingriffe komme es zu Verzerrungen, die letztlich allen schadeten. Gemeint ist das Ökostromgesetz, das das Verbrennen von Holzabfällen nicht nur gutheißt, sondern sogar fördert.

"Es ist schade, dass der Rohstoff Holz verbrannt wird und so unwiederbringlich verloren ist", sagte Schäbinger zum STANDARD. "Nehmen wir als Vergleich die Spanplatte und unsere Strategie, maximal viel Recyclingholz einzusetzen. Recyclingholz war schon 20 Jahre in Verwendung. Mit Beimischung zur Spanplatte ist es noch einmal so lange im Einsatz, und dank einer von uns entwickelten Technologie lässt sich das Holz ein weiteres Mal einsetzen."

Schäbinger würde sich wünschen, "dass man die Subventionen stoppt und die Marktkräfte wirken lässt: Dann würden Biomassekraftwerke, die ohne Unterstützung großteils defizitär sind, nicht mehr gebaut."

Industrie großteils in Familienhand

Charakteristisch für die Spanplattenindustrie im In- und Ausland ist, dass sie sich großteils in Familienhand befindet. Die Salzburger Kaindl-Dynastie etwa zählt nicht nur zu den reichsten, sondern auch zu den verschwiegendsten Industriefamilien Österreichs.

Der im Vorjahr mit 88 Jahren verstorbene Ernst Kaindl hat noch zu Lebzeiten seine Tochter Ines Kaindl-Benes zur Verwaltungsratschefin seiner Swiss Krono Group (5000 Mitarbeiter, zehn Werke, Sitz in Luzern) gemacht.

Mit dem noch größeren Spanplattenimperium ihres Onkels Matthias Kaindl und seines Sohnes Peter (Kronospan & Co; 14.000 Mitarbeiter, 40 Werke) gibt es nur eine Gemeinsamkeit: Die Salzburger Stammfirma M. Kaindl KG mit Standorten in Wals und Lungötz (rund 700 Beschäftigte) gehört beiden Familienzweigen zu gleichen Teilen. Fast wäre Fundermax (Turnauer) über Kronospan in Kaindl aufgegangen. Die EU-Wettbewerbsbehörde hat den Verkauf 2007 untersagt.

Der Spanplattenhersteller Egger im Tiroler St. Johann (18 Standorte, rund 9000 Mitarbeiter) ist einer der wenigen Vollsortimenter am Markt und damit vergleichbar mit Pfleiderer, wenn auch deutlich größer. Pfleiderer hat ein anderes Alleinstellungsmerkmal: Es handelt sich dabei um den einzigen Spanplattenhersteller, der an einer Börse notiert ist, und zwar in Warschau.

Zu rasch expandiert

Nach einer viel zu raschen Expansion wurde das einstige deutsche Familienunternehmen von der Finanzkrise kalt erwischt. Im März 2012 musste Pfleiderer mit Sitz in Neumarkt in der Oberpfalz Insolvenz anmelden. Pfleiderer wurde von Atlantik, einem Vehikel der kapitalgebenden Banken, übernommen. Werke in Europa wurden geschlossen oder zwecks Schuldentilgung verkauft, das Nordamerika-Geschäft abgegeben. Der Konzern wurde auf fünf Standorte in Deutschland und vier in Polen verkleinert.

Durch Anteilstausch (Reverse Takeover) wurde Pfleiderer von der polnischen Tochter übernommen, die bereits an der Börse Warschau notiert war. Atlantik ist noch mit 19 Prozent beteiligt, 29 Prozent hält ein Private-Equity-Fonds, fünf Prozent das runderneuerte Management über Aktienoptionen.

Im Moment könne sich die Branche über mangelnde Aufträge nicht beklagen. "Wir sind ausgebucht, zumindest was Massenprodukte betrifft", sagte Schäbinger. Dies habe primär mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu tun. "Solange die Zinslandschaft gegen null tendiert, die Arbeitslosigkeit gering ist und das Wirtschaftswachstum gut, ist der Endkonsument hoch willig zu investieren, eine neue Küche, ein neues Bad zu kaufen", sagte Schäbinger. "Das ist der Treiber für unser Geschäft."

Mittlerweile gibt es immer ausgeklügeltere Anwendungen und Platten mit Spezialbeschichtung, die von echtem Marmor oder hochwertigen Hölzern kaum unterscheidbar sind. Spanplatten, die preislich deutlich günstiger sind als Vollholz, finden zudem immer mehr Verwendung auf Kreuzfahrtschiffen. In der Mein Schiff 6 der Reederei TUI Cruises etwa sind Platten von Pfleiderer verbaut. (Günther Strobl, 20.8.2018)