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Grenzschutzübungen wie jene der Truppe Puma von Innenminister Herber Kickl (FPÖ) im Juni steigern am Balkan bei vielen die Nervosität.

Foto: Reuters / Lisi Niesner

Österreich ist in allen südosteuropäischen Staaten einer der größten Investoren. Österreichs Anteil in Bosnien-Herzegowina liegt sogar bei über 19 Prozent, in Kroatien bei über 20 Prozent, in Mazedonien bei über zwölf Prozent, in Serbien bei elf Prozent. Doch Österreich ist nicht nur einer der wichtigsten Wirtschaftspartner, sondern auch ein Ansprechpartner in politischen Fragen. Jahrzehntelang wurden die Beziehungen zu allen Staaten und Volksgruppen gepflegt. Man erarbeitete sich den Ruf eines fairen und transparenten Gegenübers. Doch bereits vor dem Antritt der türkis-blauen Regierung begannen die Irritationen, weil die FPÖ einseitig bevorzugende Beziehungen zu prorussischen völkischen Nationalisten in Serbien und im bosnischen Landesteil Republika Srpska pflegt. Es geht dabei um eine ideologische Allianz.

Arrangiertes Interview

Erst kürzlich stellten die Neos an das Außenministerium eine Anfrage, weil sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache offenbar vom serbischen Außenministerium für ein Interview instrumentalisieren lassen hatte, in dem er behauptet hatte, dass der Kosovo Teil Serbiens sei, obwohl Österreich den Kosovo bereits 2008 anerkannt hat. Die Besuche von FPÖ-Politikern in Banja Luka bei einer separatistischen völkischen Partei, deren Chef Milorad Dodik unter US-Sanktionen steht, sorgten für zusätzliche Ängste in der Region, dass Österreich von seiner traditionell ausgewogenen Außenpolitik abweichen könnte.

Doch auch Sebastian Kurz sorgte für Verunsicherung. Bereits im Wahlkampf behauptete er, dass in Sarajevo und Prishtina Frauen dafür bezahlt würden, Schleier zu tragen. Für diese Behauptung gibt es weder Hinweise noch Beweise. Großmufti Reis ul-ulema Husein Kavazović schrieb Kurz einen Brief, der allerdings trotz Nachfragen von diesem nie beantwortet wurde. Für echten Aufruhr sorgte aber ein Text aus einem Sammelband des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) von der Schweizer Romanistin Saïda Keller-Messahli, der von Unkenntnis und Vorurteilen geprägt ist und sich wie eine Propagandaschrift aus serbisch-nationalistischer Perspektive liest.

Spielfeld für Kickl

In jüngster Zeit war es die Instrumentalisierung der Flüchtlingsfrage durch die österreichische Regierung, die auf dem Balkan für Erstaunen sorgte. Als Innenminister Herbert Kickl gegen den Willen der slowenischen Regierung in Spielfeld im Juni eine Übung abhalten ließ, war man in Ljubljana vor allem darüber verärgert, dass Wien von einem derzeit völlig unrealistischen Szenario ausgegangen ist. Denn ein Massenzustrom ist nicht zu erwarten, weil alle Staaten entlang der Balkanroute seit März 2016 die Grenzen geschlossen halten.

Kanzler Kurz betont dennoch immer wieder, dass das "Weiterwinken" beendet werden müsse – obwohl es so ein Weiterwinken seit März 2016 nicht mehr gibt. Auch die Ankündigung von Kickl, möglicherweise einen Notfallplan umzusetzen, dem zufolge in Kroatien Militärs an den Grenzen platziert werden sollte, sorgte in Zagreb für Verärgerung. In Kroatien sieht man angesichts der Zahlen keinen Anlass für das Krisengerede, und man betont, dass die eigene Polizei selbst die Grenze schützen könne. Die Vorstöße aus Wien werden als Bevormundung interpretiert.

Keine Anfrage um Unterstützung

Für Irritation sorgte etwa der Vorschlag aus Österreich, dass in Albanien Asylzentren eingerichtet werden sollten – denn diese Idee war mit den albanischen Kollegen gar nicht besprochen worden. Das albanische Innenministerium betonte zudem auf Anfrage des STANDARD, dass man nicht um Unterstützung durch österreichische Grenzpolizisten gebeten habe. Zuvor hatte Kurz gesagt, dass Österreich bereit sei, Polizisten nach Albanien zu schicken.

Der Grenzschutz ist eine hoheitsrechtliche Aufgabe, die man nicht so einfach ausländischen Polizisten übergeben könne. Mit der EU wurde aber eine Statusvereinbarung ausgearbeitet, wonach Beamte der EU-Grenzschutzagentur Frontex in Albanien exekutive Aufgaben übernehmen können. Für die Kooperation mit Drittstaaten sind pro Jahr sechs Millionen Euro vorgesehen. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 19.8.2018)