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177 Flüchtlinge befinden sich auf dem Schiff Diciotti der italienischen Küstenwache. Kein europäisches Land lässt das Schiff anlegen.

Foto: AP/Igor Petyx

Nach einem heftigen Tauziehen gibt es doch noch eine vorläufige Lösung für 177 Flüchtlinge an Bord des italienischen Küstenwacheschiffs Diciotti. Das Schiff darf in Sizilien anlegen, nachdem zuvor sowohl Malta als auch Italien ein Anlegen in deren Hoheitsgebieten abgelehnt hatten, twitterte Italiens Verkehrsminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung am Montag. Nach der Rettung der Migranten durch Italien müsse nun aber die EU "ihre Pflicht erfüllen", forderte er.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega hatte zuvor gedroht, Bootsflüchtlinge wieder nach Libyen zurückzubringen, wenn kein anderes EU-Land sie aufnehmen wolle. Sowohl die Uno als auch die EU weisen darauf hin, dass dieser Vorschlag internationales Recht brechen würde. Rückführungen in ein Land, wo Migranten Folter und Missbrauch droht und auch rechtsstaatliche Prinzipien missachtet werden, sind nicht gestattet. Laut Medienberichten will Salvini verhindern, dass die Flüchtlinge von Bord der Diciotti gehen.

Das Schiff Diciotti ist zum Zankapfel geworden.
ORF

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich erst am Sonntag dafür ausgesprochen, Schiffe mit geretteten Flüchtlingen an Bord in keinem EU-Land mehr anlegen zu lassen. Darüber sei er sich mit dem maltesischen Regierungschef Joseph Muscat einig gewesen. Schiffe mit Migranten an Bord sollten stattdessen an der EU-Außengrenze gestoppt und die Flüchtlinge in die Ursprungsländer oder in ein sicheres Drittland gebracht werden. Wie das konkret ablaufen soll, ist unklar. Diesbezügliche Anfragen des STANDARD an das Bundeskanzleramt blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Rechtlich gesehen sind Schiffe, die im Mittelmeer unterwegs sind, verpflichtet, Menschen aus Seenot zu retten. Anschließend müssten sie in den nächstgelegenen sicheren Hafen gebracht werden. Eine Rückführung in ein Land, wo sie in Gefahr sind oder ihre Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden, ist rechtlich nicht erlaubt.

Bisher wenig umgesetzt

Die EU ist durch den jüngsten Vorfall neuerlich gefordert. Schon die Umsetzung der bisherigen EU-Pläne zur Lösung der Asylproblematik sind nicht besonders weit gediehen. Der auch von Kurz forcierte Plan, sogenannte Anlande zentren in nordafrikanischen Staaten zu schaffen, wartet weiterhin auf Umsetzung. Libyen hat sich Ende Juli erneut vehement gegen solche Zentren ausgesprochen. Ministerpräsident Fayez al-Sarraj betonte, dass sein Land in dieser Frage nicht mit Geld zu beeinflussen sei. Auch Tunesien und Marokko haben bereits abgewinkt. Im September soll erneut diskutiert werden.

Auch die geplanten Aufnahmezentren innerhalb der EU sind noch weit von einer Realisierung entfernt. In diesen Zentren sollten – so der Plan der EU, den auch Bundeskanzler Kurz unterstützt – Migranten registriert und anschließend auf andere EU-Staaten aufgeteilt werden. Der Plan beruht auf Freiwilligkeit. Bisher hat sich jedoch noch kein EU-Staat bereiterklärt, ein Aufnahmezentrum zu errichten oder Flüchtlinge aus einem solchen zu übernehmen.

Die Idee, Flüchtlinge von den Grenzen Europas fernzuhalten, vertrat Kurz schon als Außenminister. Wiederholt hat er seine Sympathie für Aspekte des australischen Modells geäußert. Dort sind Migranten auf Inseln interniert, während ihre Asylanträge geprüft werden. Flüchtlingsboote werden von der australischen Marine zurückgewiesen. (Michaela Kampl, 20.8.2018)