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In diesem Jahr dürfte in Deutschland der Wert der exportierten Waren den der Importe um rund 265 Milliarden Euro übertreffen

Foto: Reuters/Fabian Bimmer

Berlin – Ungeachtet der Drohungen von US-Präsident Donald Trump wird Deutschland einer Prognose des Ifo-Instituts zufolge auch 2018 den weltgrößten Leistungsbilanzüberschuss aufweisen. Er dürfte sich auf rund 265 Milliarden Euro summieren, so die Berechnungen der Münchner Forscher für die Nachrichtenagentur Reuters.

Mit weitem Abstand folgt Japan mit 175 Milliarden Euro vor den Niederlanden mit rund 96 Milliarden. "Dagegen dürften die USA wieder das Land mit dem größten Leistungsbilanzdefizit werden mit knapp 368 Milliarden Euro", sagte Ifo-Experte Christian Grimme.

Das große Plus geht vor allem auf den Warenhandel zurück. In diesem Jahr dürfte der Wert der exportierten Waren den der Importe um rund 265 Milliarden Euro übertreffen, sagte Grimme. "Haupttreiber für die Ausfuhr an Waren im ersten Halbjahr war die Nachfrage aus den anderen Ländern des Euroraums, den anderen EU-Ländern und aus den USA." Zum Überschuss tragen aber auch die Erträge aus im Ausland angelegtem Vermögen bei, die sich auf rund 63 Milliarden Euro summieren dürften.

Was ist die Leistungsbilanz

Die Leistungsbilanz umfasst alle Ausgaben und Einnahmen einer Volkswirtschaft. Sie zeigt jene Leistungen auf, die ein Land mit anderen Ländern austauscht. Dazu zählen Warenverkehr ebenso wie Dienstleistungen, Zinsen und Löhne. Aufgezeigt werden der Wert der exportierten Güter (Einnahmen) auf der einen Seite und jener der importierten Güter (Ausgaben) auf der anderen. Der Warenverkehr umfasst in etwa zwei Drittel der Leistungsbilanz. Der zweitwichtigste Posten sind Dienstleistungen wie Spedition, Versand oder Finanzdienstleistungen.

Der zweite bedeutende Posten sind die Dienstleistungen. Zu den Dienstleistungen gehören neben Spedition, Versand und Finanzdienstleistungen für Ausländer auch der Auslandstourismus. Kauft ein englischer Tourist zum Beispiel ein Busticket von Hamburg nach München, gilt das als Dienstleistungsexport – weil ein Ausländer die inländische Dienstleistung erhält. Bei einem Leistungsbilanzüberschuss sind die inländischen Ersparnisse höher als die inländischen Investitionen.

Kritik von Trump und IWF

Trump wirft Deutschland die enormen Überschüsse immer wieder vor, da sie angeblich zulasten der US-Wirtschaft gehen. Er drohte deshalb mit Strafzöllen auf Autos, den wichtigsten deutschen Exportschlager. Träfen die Ifo-Prognosen zu, wäre es für Deutschland das dritte Jahr in Folge mit dem weltgrößten Überschuss in der Leistungsbilanz. Grund dafür ist vor allen die deutsche Exportstärke.

Kritik kommt aber auch vom Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission. Letztere hält Überschüsse von dauerhaft mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts für stabilitätsgefährdend, da Länder mit Überschüssen solchen gegenüberstehen, die Defizite haben und sich verschulden müssen. Den Ifo-Berechnungen zufolge dürfte der deutsche Überschuss heuer mit 7,8 Prozent eine Spur unter dem Wert von 2017 von 7,9 Prozent liegen. Dem deutschen Wirtschaftsministerium zufolge wird er im kommenden Jahr auf 7,5 Prozent sinken. "Auch nach 2019 gehen wir tendenziell von einem weiter sinkenden Überschuss aus", hieß es.

Exportweltmeister China, mit dem Trump ebenfalls einen Handelsstreit mit höheren Zöllen angezettelt hat, dürfte 2018 dagegen nicht mehr unter den Top-Drei-Ländern mit den höchsten Überschüssen zu finden sein. "Aufgrund sehr starker Einfuhren und schwächerer Ausfuhren ist der Warenüberschuss deutlich niedriger im ersten Halbjahr 2018", erklärte Grimme. "Dabei wurde vor allem weniger in die USA und nach Europa exportiert." Zudem seien die Einnahmen aus dem Auslandsvermögen geringer geworden. (red, APA, 20.8.2018)