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Papst Franziskus nahm einen chilenischen Bischof in Schutz, der Sexualdelikte vertuscht haben soll. Nun soll er in Dublin offen über Missbrauchsskandale sprechen.

Foto: REUTERS/Max Rossi

Vatikanstadt – Papst Franziskus (Jorge Mario Bergoglio) hat in einem Brief an die Gläubigen in aller Welt eingeräumt, dass die katholische Kirche den Schmerz von Missbrauchsopfern lange ignoriert habe.

"Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinschaft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden sind, wo wir eigentlich hätten stehen sollen, und dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten, der sich in so vielen Menschenleben auswirkte", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Schreiben.

Franziskus besucht Irland

Franziskus richtete sich wenige Tage vor seiner Reise nach Irland an 1,3 Milliarden Katholiken in aller Welt, an das "Volk Gottes". Irland gehört zu den Ländern, die von massiven Missbrauchsskandalen erschüttert wurden. Konkreter Anlass des Schreibens ist aber ein umfassender Bericht aus Pennsylvania, wonach sich dort mehr als 300 Priester in den vergangenen 70 Jahren an tausenden Kindern vergangenen haben. Die Vorwürfe erstrecken sich auf sechs der acht Diözesen in dem US-Bundesstaat. Darüber hatte sich der Vatikan bereits am Donnerstag bestürzt geäußert.

Rückblickend um Verzeihung zu bitten sei nie genug, schreibt der Papst in seinem dreiseitigen Brief, der in sieben Sprachen veröffentlicht wurde. Die Kirche müsse sich "mit Nachdruck verpflichten, diese Gräueltaten zu verdammen wie auch die Anstrengungen zu bündeln, um diese Kultur des Todes auszumerzen; die Wunden 'verjähren nie'."

Papst unter Druck

Franziskus steht beim Thema Missbrauch unter enormem Druck: Ihm wird immer wieder vorgeworfen, eine Nulltoleranzlinie zwar zu verkünden, aber nicht durchzusetzen. Derzeit demonstriert er Tatendrang bei einer Reihe von Missbrauchsskandalen: Er nahm mehrere Rücktrittsgesuche von Klerikern an und versucht seit Monaten Vertrauen zurückzugewinnen, das er bei seiner Chile-Reise im Jänner verspielt hat. Dort nahm er den Bischof Juan Barros in Schutz, der Sexualdelikte vertuscht haben soll.

Angesichts des tausendfachen Missbrauchs von Kindern durch Priester und Ordensschwestern in Irland sind die Erwartungen an die Reise am kommenden Wochenende hoch. Immer stärker drängt sich die Frage auf, ob Franziskus Missbrauchsopfer treffen wird.

Erzbischof stellt Forderungen

Dublins Erzbischof Diarmuid Martin verlangt, der Papst solle offen über die Missbrauchsskandale sprechen. In Irland wurden Straftaten über Jahrzehnte hinweg systematisch vertuscht. Kirchliche Einrichtungen behandelten Mütter mit unehelichen Kindern oft wie Arbeitssklaven.

Das katholische Weltfamilientreffen findet alle drei Jahre an einem anderen Ort statt. Es versteht sich als Forum für Christen und Familienverbände. Zehntausende Menschen aus mehr als 100 Ländern werden erwartet. An der Abschlussmesse mit dem Papst am Sonntag in einem Park in Dublin nehmen über eine halbe Million Katholiken teil. (red, APA, dpa, 20.8.2018)