Der Antiviren-Pionier John McAfee gilt als wohl exzentrischster CEO in der IT-Branche

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Tesla-Gründer Elon Musk gab in einem Interview an, nicht ohne Schlaftabletten einschlafen zu können. Zu den Nebenwirkungen gehören Aggressionen und innere Unruhe.

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Die gute Idee steht nur am Anfang. Um daraus tatsächlich eine milliardenschweren Firma zu machen, muss man unzählige Widrigkeiten überwinden: Man muss die Konkurrenz ausschalten, Investoren überzeugen und ab und zu in der Grauzone der Legalität tänzeln. Ist das eigene Unternehmen dann auf Erfolgskurs, werden die Aufgaben nicht geringer. Nun gilt es, Aktionäre bei Laune zu halten, Kritik von Politik und Medien auszuhalten und eine Heerschar an Mitarbeitern zu dirigieren. Nicht wenige Forscher sind der Ansicht, dass besonders Psychopathen dafür geeignet sind, sich als Firmenchefs zu bewähren.

"Zutiefst irrational, eine Firma zu gründen"

Ein Beispiel dafür ist angeblich das Silicon Valley, in dem es sich vor Psychopathen nur so tummeln soll. Das ergäbe Sinn, weil es zutiefst "irrational ist, eine Firma zu gründen", wie der Silicon Valley-Investor Bryan Stolle vergangenes Jahr auf einer Podiumsdiskussion erklärte. Oftmals könnten diese frei schalten und walten, weil sie von der Personalabteilung ihres Unternehmens beschützt würde, so Stolle.

Elon Musk auf Ambien

Aktuell sticht bei diesen Zuschreibungen das Verhalten von Tesla-Chef Elon Musk ins Auge. In einem aufwühlenden Interview mit der New York Times gab dieser an, oftmals nur mit Schlaftabletten einschlafen zu können. Das Mittel "Ambien" gilt als Medikament mit starken Nebenwirkungen, etwa Wutanfällen oder Unruhe. Musk hatte in den vergangenen Monaten mit untergriffigen Tweets gegen Journalisten oder einen Taucher, der Jugendliche gerettet hatte, für heftige Kritik gesorgt.

Moralische "Flexibilität"

Aber Musk ist beileibe nicht der einzige Firmenchef, der mit seinen Aktionen für Aufsehen sorgt. Zu beobachten ist etwa eine starke moralische "Flexibilität". Alex Karp, Chef der CIA-nahen Firma Palantir, dissertierte etwa auf Deutsch über Karl Marx und dessen Einfluss auf Theodor Adorno. Karp sprach vor seiner Ankunft als Student kein Deutsch, er hätte seine Doktorarbeit auch auf Englisch verfassen können. Laut seiner Dissertations-Betreuerin trieb Karp, der einen jüdischen Großvater aus Galizien hat, die Frage um, was "die Deutschen in der Gegenwart" ausmacht. Nun gilt Palantir als eine der umstrittensten Firmen der Welt; sie liefert Überwachungssoftware und beteiligte sich an einem Angriff auf Wikileaks.

Mobbing

"Wenn Dinge nicht so passieren, wie Psychopathen sich das vorstellen, flippen sie aus und starten, andere zu mobben", erklärte Silicon Valley-Investor Stolle. Das trifft etwa auf Peter Thiel, Karps Partner bei Palantir, zu. Ihm war nach einem Artikel über seine Homosexualität das Klatschportal Gawker so verhasst, dass er einen Rechtsstreit sponserte, der schließlich zum Bankrott von Gawker führte.

Exzess

Aber auch der Exzess, etwa um andere zu demütigen, ist keine Seltenheit. Napster-Gründer Sean Parker gab für seine Hochzeit etwa 4,5 Millionen Dollar aus, wobei er extra die Kostümdesignerin der "Herr der Ringe"-Trilogie einfliegen ließ. Legendär ist die Episode, dass Google-Mitgründer Larry Page einmal sein Kreditkartenlimit von einer Milliarde (!) Dollar überziehen wollte. Tesla-Chef Elon Musk kaufte sich einen McLaren F1 und beschleunigte in einer der ersten Fahrten so stark, dass das Auto abhob und kaputtging – Beifahrer war übrigens Peter Thiel.

John Mcafee

Der Antiviren-Guru John McAfee zog sich nach dem Verkauf seiner nach ihm benannten Firma ins mittelamerikanische Belize zurück, wo er Pflanzen für medizinische Zwecke züchtete. Sein Anwesen wurde von Antidrogen-Einheiten gefilzt, später wurde McAfee zum Verdächtigen in einem Mordfall. Er floh daraufhin nach Guatemala, wo er um Asyl ansuchte. Zuletzt sorgte er für Schlagzeilen, weil er behauptete, in den USA vergiftet worden zu sein.

"Schlangen in Anzügen"

Das heißt natürlich nicht, dass alle Genannten definitiv Psychopathen nach der psychiatrischen Definition des Begriffs sind. Aber über den Zusammenhang zwischen Psychopathie und den Aufstieg in Führungspositionen gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien. Der renommierte Kriminalpsychologe Robert D. Hare, der das FBI beriet, spricht etwa von "Schlangen in Anzügen". Der Anteil an Psychopathen auf Managementposten soll bis zu acht Mal höher als in der allgemeinen Bevölkerung sein.

Während gewisse Attribute wie Rücksichtslosigkeit, Charme, Manipulation oder die Bereitschaft zur Sabotage von Gegnern zwar bei der Karriere helfen können, dürfte ein psychopathischer Chef dem Betrieb langfristig schaden. Das Betriebsklima sei miserabel, Mitarbeiter würden die Lust an der Arbeit verlieren, sagen Arbeitspsychologen. Der australische Managementforscher Clive Boddy geht sogar so weit, Psychopathen für die globale Finanzkrise 2007 verantwortlich zu machen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis seine Theorie auch auf die aktuelle Krise der IT-Branche adaptiert wird. (fsc, 9.9.2018)