Anton Zeilinger und sein Team führten den "Cosmic Bell Test" durch.

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Wien – Acht respektive zwölf Milliarden Jahre war das Licht zweier Quasare zur Erde unterwegs, das Forscher um Anton Zeilinger nun herangezogen haben, um einmal mehr die Gültigkeit quantenmechanischer Phänomene nachzuweisen. Mit solchen extrem weit entfernten Quellen lässt sich ein verzerrender Einfluss auf die Messergebnisse von quantenphysikalisch verschränkten Teilchen praktisch ausschließen, berichten die Forscher im Fachjournal "Physical Review Letters".

Hintergrund

Verschränkte Teilchen können physikalisch nicht als einzelne Teilchen mit definierten Zuständen beschrieben werden, sondern nur als Gesamtsystem. Selbst wenn sie sich in sehr großer Entfernung voneinander befinden, beeinflussen Veränderungen an einem Teilchen – etwa eine Messung – augenblicklich auch den Partner, obwohl keine Information zwischen den beiden Teilchen ausgetauscht wird. Weil sich das mit der klassischen Physik nicht erklären lässt, hat Albert Einstein das Phänomen äußerst skeptisch betrachtet. Dennoch wurden die Effekte der Verschränkung bereits in unzähligen Experimenten nachgewiesen.

Theoretisch lassen sich aber Schlupflöcher finden, wie man die Verschränkung klassisch, also nicht quantenphysikalisch, erklären könnte – etwa durch unbekannte Einflüsse. So könnten etwa die Teilchen oder die Messeinrichtungen schon vor dem Experiment beeinflusst worden sein, um dieses Ergebnis zu erzielen. Davon könnten etwa die in Verschränkungs-Experimenten verwendeten Zufallszahlen-Generatoren betroffen sein. Sie liefern eine zufällige Folge von Nullern und Einsern, um unvorhersehbar zwischen zwei verschiedenen Messanordnungen hin- und herzuschalten.

Um dieses "Freie-Wahl-Schlupfloch" zu schließen, ersannen die Physiker fantasievolle Experimente. Im Vorjahr etwa verwendeten die Wiener Physiker Licht von 600 Lichtjahre entfernten Sternen für die Messeinstellungen – eine Beeinflussung hätte also bereits vor 600 Jahren erfolgen müssen.

Extrem weit entfernte Lichtquellen

Nun ging Zeilingers Team in Kooperation mit internationalen Kollegen noch einen Schritt weiter. Für ihren "Cosmic Bell Test" fingen sie mit zwei Teleskopen auf der Kanareninsel La Palma das Licht von zwei Quasaren ein. Diese hell leuchtenden Kerne aktiver Galaxien liegen in zwei entgegengesetzte Richtungen im Universum rund acht bzw. zwölf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Farbe der einzelnen Lichtteilchen, die bei der Entstehung der Quasare festgelegt wurde und zwischen rot und blau variiert, steuert die Messeinstellungen von zuvor erzeugten verschränkten Teilchen.

Mit dem Milliarden Jahre alten Licht der beiden Quasare wollten die Physiker sicherstellen, dass die Entscheidung darüber, wie die verschränkten Teilchen gemessen werden, völlig unabhängig von den Forschern und ihrer Umgebung getroffen wird. "Das von Menschen, der Erde und fast unserer gesamten Vergangenheit völlig unabhängige Licht aus dem All ist dafür ideal geeignet", erklärte Erstautor Dominik Rauch vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien.

Es sei das erste Mal, dass Milliarden Jahre altes Licht zum Nachweis der Quantenverschränkung genutzt wurde. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es verborgene Einflüsse gibt, die eine zur Quantenmechanik alternative Erklärung der Verschränkung liefern, liegt damit bei nahezu Null. Die Wahl der Messeinstellung hätte für unsere Versuchsanordnung lange vor der Entstehung der Erde erfolgen müssen", so Zeilinger. (APA, red, 21. 8. 2018)