Hannes Androsch (li.) und Antonio Loprieno sind sich einig: Die Zeit mehrerer Räte zum Thema F&E ist vorbei.

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Helga Nowotny sieht die Ratszusammenlegung positiv.

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Alle Jahre wieder: Genauso sicher wie der August gehen auch die Alpbacher Technologiegespräche zu Ende, ein Treffen von Wissenschaftern, Forschungspolitikern, Experten, die tatsächlich etwas zu sagen haben, und Fachleuten, die das nur glauben. Und so sicher wie diese Veranstaltung kamen auch wieder Stellungnahmen, Strategiepapiere und Pläne von Regierungspolitikern egal welcher Couleur, die zum Ziel haben, Österreich in Sachen Forschung und Entwicklung an die europäische Spitze zu bringen.

Ein Wunsch, den man hierzulande mindestens so lange hegt, wie das aktuelle Jahrhundert alt ist. "Innovation Leader" heißt das Zauberwort, doch um das zu erreichen, müssten noch einige Schrauben gedreht werden, wie es seit Jahren heißt.

Dabei geht es immer um mehr Mittel, schlankere Strukturen und einen schnelleren Transfer von der Wissenschaft zur Wirtschaft. Zahllos sind die Initiativen, der große Wurf ist aber bisher ausgeblieben, monieren Beobachter wie der Industrielle Hannes Androsch, seit 2010 Vorsitzender des Forschungsrats. In Anspielung auf die Vielzahl an Positionspapieren ätzte er erst kürzlich: "Hier herrschen eine Strategiepapierinflation und eine Umsetzungsdeflation." Androsch urgiert seit Jahren mehr Geld für die Unis und für die kompetitive Forschungsförderung.

Zum Leben zu wenig

Ein von ihm schon oft gehörter Satz: Die heimische Wissenschaft und Forschung habe "zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig". Was die derzeitige Ausstattung der österreichischen Unis betrifft, sagt er: Ohne die 2017 gegen den Willen der ÖVP beschlossene Hochschulmilliarde wäre die Situation "katastrophal". Zum für Frühjahr 2019 geplanten Forschungsfinanzierungsgesetz meinte er in Alpbach: Derzeit handle es sich nur um Absichtserklärungen. Entscheidend sei die Finanzierung. "In der Bonbonniere fehlen noch die Bonbons."

Kritik wurde in den vergangenen Jahren auch an der Praxis laut, Institutionen und Förderagenturen wie der FFG oder der AWS nur einjährige Budgets zu geben. Das sollte sich nun mit dem Gesetz ändern, damit könnte es endlich mehrjährige Verträge und mehr Autonomie für die Agenturen geben. In einem entsprechenden Ministerratsvortrag wurde jedenfalls beschlossen, das Gesetz im Frühjahr 2019 umzusetzen – zehn Jahre nachdem es erstmals in Alpbach gefordert wurde,

2009 im Tiroler Bergdorf: Johannes Hahn, damals Wissenschaftsminister, heute ist er EU-Kommissar, berichtete von der Notwendigkeit, ein Forschungsfinanzierungsgesetz umzusetzen. Aber auch eine Fördermitteldatenbank, die Zuwendungen für Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung abgleicht, hat man schon im vergangenen Jahrzehnt vernommen. Jetzt soll sie Realität werden.

Gesetz mit Zielvorgaben

Im Gesetz dürften jene Einrichtungen genannt werden, die relevant sind für Österreichs Wissenschaft und Forschung: Der Wissenschaftsfonds FWF, die FFG, die AWS, die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft (LBG) sowie die Christian-Doppler-Gesellschaft (CDG) und die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sollten dabei sein. Künftig soll es mehrjährige verbindliche Vereinbarungen geben, die die Finanzierung gewährleisten, was es bisher nur für die österreichischen Universitäten, ÖAW und IST Austria gab. Zielvorgaben und eine nicht kürzbare Obergrenze der Mittel dürften in den Ohren der Verantwortlichen wie Musik klingen.

Die Neos haben in ersten Reaktionen die Pläne von ÖVP und FPÖ begrüßt, stellten aber die Frage nach der Finanzierung – vor allem was die gleichzeitig angekündigte Exzellenzinitiative betrifft, die nur umsetzbar ist, wenn man dafür extra Geld lukriert. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid erinnerte daran, dass es ähnliche Vorstöße schon von ihrer Partei gegeben habe, sie seien in der großen Koalition aber stets von einem ÖVP-Finanzminister blockiert worden.

Schließlich geht es in den Plänen der Bundesregierung auch um die Zusammenlegung von drei Beratungsgremien, die man sich derzeit zu den Themen Wissenschaft, Unis, Forschung und Innovation leistet. Der Rat für Forschung- und Technologiepolitik wurde 2000 gegründet, als "die Bäume voller Obst hingen", wie Beobachter sagen, als mit viel Geld die Aufholjagd in Sachen Innovationsdynamik gestartet wurde.

Drei Jahre später kam der Wissenschaftsrat dazu, 2014 schließlich der ERA Council, beide beraten das Wissenschaftsministerium, der eine als Rat in Universitätsangelegenheiten, der andere, um Strategien an der Schnittstelle zwischen europäischer und österreichischer Forschungspolitik zu entwickeln.

Drei Ratsgremien sind zu viel

Irgendwann einmal waren die Aufgaben aller drei Räte unterschiedlich, sagt der Schweizer Ägyptologe Antonio Loprieno, seit 2016 Chef im Wissenschaftsrat. "Heute überschneiden sich die Themen häufig, Grundlagenforschung, Innovation, Technologieentwicklung sind nicht mehr so einfach voneinander zu trennen – und es ist wahrscheinlich nicht mehr nötig, drei derartige Räte zu haben", sagt er. Und: "Wäre ich österreichischer Steuerzahler, dann hätte ich mich darüber schon lange aufgeregt."

Hannes Androsch zuckt dazu nur mit den Achseln. Ob und wie zusammengelegt wird, werde man sehen. Und er ergänzt mit einem leicht süffisanten Lächeln: "Ich glaube aber, dass die Bundesregierung derzeit wichtigere Probleme zu lösen hat." Helga Nowotny, Mitglied des Rats und Vorsitzende des ERA Council, sieht das ebenfalls entspannt. Sie stehe der Zusammenlegung positiv gegenüber, es seien allerdings noch viele Fragen bezüglich der künftigen Ausrichtung offen.

Der Council sei zunächst für drei Jahre eingerichtet und schließlich bis 2019 verlängert worden. Der neue gemeinsame Rat dürfte laut Informationen von ÖVP und FPÖ um volkswirtschaftliche Kompetenz erweitert werden. Die Periode der derzeit amtierenden Forschungsräte läuft 2020 aus, Androsch (80), selbst einmal Finanzminister, wird dann laut Statuten nicht mehr verlängert. (Peter Illetschko, 27.8.2018)