Malcolm Turnbull könnte schon bald sein Amt als australischer Premier und Parteivorsitzender der Liberalen verlieren.

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Canberra – Australiens Premierminister Malcolm Turnbull steht infolge eines parteiinternen Machtkampfes vor dem Aus. Der populistische Ex-Innen- und -Migrationsminister Peter Dutton von Turnbulls Liberaler Partei sagte in einem kurzen Statement, er sei der Meinung, dass die Partei mehrheitlich nicht mehr hinter Turnbull stehe. Im Zuge der Regierungskrise boten in den vergangenen Tagen bereits mindestens zehn Minister ihren Rücktritt an, einige traten schon zurück.

Damit hat Turnbull in der eigenen Fraktion offenbar keine Mehrheit mehr und muss mehr denn je um sein Amt fürchten. Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte sich der 63-Jährige bereit, am Freitag eine Sondersitzung der Fraktion abzuhalten. Damit könnte es zu einer Kampfabstimmung um den Posten des Partei- und Regierungschefs kommen, zu der Turnbull nach eigenen Worten nicht mehr antreten würde.

Nur vorübergehend politisch überlebt

Am Dienstag hatte Turnbull ein Votum noch mit 48 zu 35 Stimmen überstanden, womit er Chef der Liberalen und Regierungschef bleiben konnte. Beobachter rechneten aber schon damals damit, dass ihm die Absetzung durch seinen ultrakonservativen Herausforderer Dutton drohen könnte, sobald dieser genug Zeit gehabt habe, die für einen Sieg noch nötigen sieben zusätzlichen Stimmen zu sammeln. Dutton war nach seiner Niederlage als Innen- und Migrationsminister zurückgetreten.

"Loyalität zugesichert"

Mindestens neun weitere Kabinettsmitglieder boten daraufhin ebenfalls ihre Demission an, berichteten die Sender ABC und Sky News – darunter die einflussreichen Minister für Gesundheit und Handel. Turnbull nahm zunächst nur Duttons Rücktritt und den von Entwicklungsministerin Concetta Fierravanti-Wells an. Er versicherte am Mittwoch, dass ihm die übrigen "eindeutig Loyalität und Unterstützung" zugesichert hätten – offenbar behielt er damit aber nicht recht.

Weniger als ein Jahr vor der Parlamentswahl wächst die Unzufriedenheit mit Turnbull. Die parteiinternen Querelen erreichten am Montag einen Höhepunkt, als der Premierminister sich nach Widerstand aus der eigenen Partei gezwungen sah, Pläne für ein Gesetz zur Senkung von Treibhausgasemissionen zurückzuziehen.

Klimaziel gestrichen

Das Gesetz sah vor, dass der Ausstoß von Treibhausgasen in Australien um 26 Prozent unter den Wert von 2005 gesenkt wird. Kritiker aus Umweltverbänden und der Wirtschaft bezeichneten das Ziel als zu schwach, dem ultrakonservativen, klimawandelskeptischen und eng mit der Kohleindustrie verbundenen Flügel der Partei dagegen war dieses Ziel zu hoch. Eine kleine Gruppe von Abgeordneten um den früheren Premierminister Tony Abbott setzte Turnbull unter Druck – dieser lenkte schließlich ein und strich das Klimaziel.

Umfragen zeigen seit Monaten ein knappes Rennen zwischen Labor und dem regierenden Bündnis aus Liberalen und Konservativen. Eine neue Befragung von vergangener Woche legt aber nahe, dass die Regierung im Zuge des Führungsstreits auch bei den Wählerinnen und Wählern Schaden genommen hat.

Dutton kündigte an, den Kampf gegen Turnbull fortsetzen zu wollen. Er könne bei der für Mitte 2019 vorgesehenen Parlamentswahl als liberaler Spitzenkandidat Labor-Chef Bill Shorten schlagen, fügte Dutton hinzu. Beobachter schließen nicht aus, dass Turnbull Neuwahlen ausrufen könnte, um einer Herausforderung durch Dutton auszuweichen. (red, APA, 22.8.2018)