Der Künstler Hermann Nitsch im Rahmen eines Interviews in Prinzendorf am 15. Mai 2018.

Foto: APA, Roland Schlager

Wien – "Das Universum des Hermann Nitsch": Der Titel einer neuen ORF-Dokumentation, die der Sender anlässlich des 80. Geburtstages des Künstlers am 27. August (23.30 Uhr auf ORF 2) ausstrahlt, ist passend gewählt. Immerhin gibt es wohl kaum einen Akteur aus der österreichischen Kunstszene, der einen so umfassenden Ansatz verfolgt wie der Mitbegründer des Wiener Aktionismus.

Gemälde und Musik, Körper und Innereien, Weltliches wie Religiöses: Nitsch verbindet diese oft gegensätzlich erscheinenden Aspekte wie kein Zweiter. Am 29. August 1938 in Wien geboren, war seine Kindheit gekennzeichnet von den Gräueln des Krieges. Schon bald nach seiner Ausbildung sorgte er mit ersten Aktionen für Aufsehen, verwendete nach roter Farbe immer öfter Blut oder Gedärme und war erfüllt vom Vorhaben eines 6-Tage-Spiels, das für Akteure wie Betrachter zur Ganzkörpererfahrung werden sollte. Mit dem Orgien Mysterien Theater setzte er diesen Anspruch schließlich 1998 auf seinem Schloss Prinzendorf um.

Fallhöhe im Weinviertel

Im Film von Maria Seifert wird nun "die Fallhöhe zwischen dem einfachen, bodenständigen Alltagsleben im Weinviertel und den orgiastischen Aktionen mit internationaler Ausstrahlung" aufgezeigt. Die Ruhe in der niederösterreichischen Provinz, die Nitsch wie kaum etwas schätzt (wenngleich ihn die Windräder als landschaftliche Schandflecke äußerst stören, wie er der APA im Interview verriet), gehört ebenso zu seiner Persönlichkeit wie die rohe Kraft seiner Bilder und Aktionen. Die Doku thematisiert natürlich auch die Bedeutung von Nitsch für die zeitgenössische Kunst in Österreich wie Europa.

Immerhin war und ist er mit seinen Aktionen weltweit vertreten – und sorgt selbst mehr als 50 Jahre nach seinen ersten ausdrucksstarken Auftritten immer noch für Aufregung, wenn sich beispielsweise Tierschützer über die Verwendung von Kadavern echauffieren. Im ORF-Interview erklärt Nitsch "sein Universum, seine Kunst, seine Ideen, seine Motivationen und Wünsche", heißt es in einer Ankündigung. Ergänzt wird dies durch umfangreiches Archivmaterial sowie Gesprächen mit Wegbegleitern, wodurch ein Bild entstehe, "das den politisch, gesellschaftlich und künstlerisch äußerst spannenden Bogen von den 1960ern bis heute spannt". (red, 22.8.2018)