Wien/Basel – Buntbarsche der Gattung Perissodus haben sich auf eine besondere Nische spezialiert: Die bis zu 16 Zentimeter langen Fische, die nur im ostafrikanischen Tanganjikasee vorkommen, ernähren sich praktisch ausschließlich von den Schuppen, die sie anderen Fischen abnagen. Eine nährstoffreiche Kost ist das nicht, aber die Menge macht's.

Um die karge Kost affektiver abweiden zu können, haben die Barsche ein seitlich versetztes Maul: Das erleichtert das Schuppenablösen, wenn sie sich von hinten an ihre Opfer heranpirschen. Allerdings scheint es nicht festgeschrieben zu sein, in welche Richtung das Maul verschoben ist. Bei manchen Exemplaren ist es schräg nach rechts gerichtet, bei anderen nach links.

Diese Aufteilung ist absolut sinnvoll, berichtet nun der österreichische Biologe Walter Salzburger im Fachjournal "Evolution". Auf diese Weise können die Angehörigen einer Population ihre Opfer von beiden Seiten attackieren und es fallen für mehr Tiere ausreichend Schuppen ab. Am besten funktioniert die Aufteilung daher, wenn eine Population je zur Hälfte aus Rechts- und Linksmäulern besteht.

Experimentelle Überprüfung

Mit Kollegen versenkte Salzburger, der am Zoologischen Institut der Universität Basel forscht, Käfige in sechs bis neun Metern Tiefe im Tanganjikasee. Die Forscher setzten jeweils vierzehn Schuppenfresser der Spezies Perissodus microlepis hinein, dazu zwanzig ihrer natürlichen Beutefische. In einige der Käfige kamen jedoch nur rechtsmäulige Schuppenfresser, in andere nur linksmäulige, und in manche gleich viele von beiden. Nach einigen Tagen holten sie die Fische aus dem Wasser und inspizierten die Mägen der Räuber sowie die Flanken der Beutefische.

Zwar fehlten den Beutefischen in allen Szenarien Schuppen, doch gab es klare Unterschiede: Wo sich rechtsmäulige Barsche tummelten, waren die Schuppen vorwiegend auf der linken Seite abgenagt und umgekehrt. Die Schuppenfresser attackieren demnach wahrscheinlich vorwiegend von schräg hinten. Die Opfer mussten zwar auch auf der anderen Körperseite Verluste hinnehmen, doch deutlich geringere. Die Schuppenfresser schlagen wohl manchmal auch aus rechtem Winkel oder von schräg vorne zu, das ist laut Salzburger aber offenbar keine sehr effektive Taktik.

Im Gleichgewicht

Dass bei Gleichverteilung insgesamt mehr Beute gemacht wird, zeigte sich daran, dass die Schuppenfresser in gemischten Käfigen vollere Mägen hatten. Und das Elegante an dem System ist, dass es sich selbst aufrecht erhält: Gerät eine der beiden Varianten aus irgendwelchen Gründen in die Unterzahl, wird sie sofort wieder von der Evolution begünstigt, weil sie mehr Nahrung findet. Dies stabilisiert ein Gleichgewicht mit der selben Anzahl von Links- und Rechtsmäulern – zum Leidwesen der Opfer, die sich kaum gegen Angriffe von beiden Flanken wehren können. (red, APA, 26. 8. 2018)