Die ganze Tragik des westlichen Afghanistan-Engagements ist in folgender Information enthalten: In Kürze beginnt in den USA die Rekrutierung des ersten Armeejahrgangs, der am 11. September 2001 – dem Auslöser für den US-Angriff auf das Taliban-Regime in Afghanistan – noch nicht geboren war.

Niemand leugnet es mehr: Afghanistan ist ein Desaster. Der langsame Rückzug der ausländischen Streitkräfte ab 2014 – 13 Jahre nach Beginn der Intervention – hat nicht zur Stabilisierung der international unterstützten Regierung in Kabul geführt, sondern zur Wiederkehr der Taliban. Dazu kommt mit dem "Islamischen Staat" eine neue gefährliche Kraft. In der ersten Jahreshälfte sind bei Anschlägen und Kämpfen etwa 1600 Zivilisten getötet worden. Juli und August waren noch schlimmer. Längst hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass es 2001 ein Fehler war, Afghanistan zum Schauplatz eines "war on terror" der USA zu reduzieren. Die lokale Gemengelage war stets viel komplexer, vor allem die Gründe für das Aufkommen der Taliban.

Die Regierung in Kabul sucht nun nach Wegen der politischen Verständigung. Von der US-Regierung, die unter Donald Trump politisch mäandert, kann sie nicht viel konstruktive Unterstützung erwarten. Es ist nicht schwer zu erraten, wer einspringt. Im September findet in Moskau eine große Afghanistan-Regionalkonferenz statt, und auch die Taliban planen zu kommen. (Gudrun Harrer, 22.8.2018)