Demonstrierende forderten immer wieder die Amtsenthebung des US-Präsidenten Trump, hier in New York.

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Donald Trump erreicht weiter Zustimmungsraten um die 40 Prozent,

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Eines war Donald Trump schon früh klar: Erfolg stellt sich nicht von alleine ein. Seine Philosophie erklärte er in Interviews bereits 1999: "Ich umgebe mich mit den besten Leuten. Ich kenne die besten Leute." Im Wahlkampf 2016 wiederholte er diesen Slogan gemeinsam mit dem Versprechen, den "Sumpf in Washington trockenzulegen".

Für die "besten Leute" hat sich die Entscheidung, sich Trump anzuschließen, nicht als persönlich vorteilhaft erwiesen. Sein Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn, Ex-Anwalt Michael Cohen, die Ex-Wahlkampfmänner George Papadopoulos und Rick Gates: Sie alle müssen sich vor Gericht verantworten. Sein Ex-Kampagnenchef Paul Manafort wurde am Dienstag verurteilt. Die Liste ist beliebig erweiterbar. Auch die beiden "besten Leute" aus dem Kongress, jene zwei Abgeordneten, die Trump als Erste empfahlen, wurden zuletzt angeklagt – wegen Insiderhandels und Veruntreuung.

Trotzdem hohe Zustimmungsrate

Vielleicht ist nicht jeder dieser Fälle spektakulär, manche womöglich Teil des "normalen" Kriminalitätslevels in der US-Politik; und ziemlich sicher stehen nicht alle in Verbindung mit dem möglichen Einfluss Russlands auf die US-Wahl 2016. Aber eines macht die dauernd wachsende Liste klar: Die Treue zum Recht ist mit jener zum US-Präsidenten nur schwer in Einklang zu bringen.

Dieser Befund kann den meisten Republikanern im Kongress ebenso wenig entgangen sein wie den politisch wacheren Bürgern unter den Anhängern Trumps. Dass sich der US-Präsident trotz allem noch Zustimmungsraten um die 40 Prozent erfreut, dass ihm noch immer kein stärkerer Wind aus der eigenen Partei entgegenweht – das zeigt deutlich, wie weit die Polarisierung die politische Leidensfähigkeit schon getrieben hat.

Und es macht umso klarer, wie wichtig die Midterm-Elections im November sein werden: Schaffen es die Republikaner trotz allem, ihre Mandatsmehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat zu verteidigen, wird sich Trump von den Grenzen des Rechts oder gar des Anstands kaum noch beeindrucken lassen. Und kaum jemand in der Partei wird sich noch trauen, ihm zu widersprechen.

Ein Impeachment wäre riskant

Für dieses Szenario würde es reichen, wenn die Republikaner landesweit mit weniger als sieben Prozentpunkten Abstand verlieren. Ein undemokratischer Mix aus Mehrheitswahlrecht und opportunistisch gezogenen Wahlkreisgrenzen macht es möglich.

Unsicher ist, wie der Präsident auf einen Sieg der Demokraten reagieren würde. Dass sie ihm juristisch gefährlich werden könnten, ist nicht anzunehmen: Die Zweidrittelmehrheit im Senat, die es für eine Absetzung des Präsidenten braucht, ist illusorisch. Ein Impeachment wäre auch politisch riskant. Und der Tag danach, an dem Präsident Mike Pence das Oval Office bezöge, würde viele Demokraten ihre Entscheidung schnell bereuen lassen.

Eine demokratische Mehrheit im Kongress könnte aber zumindest jene Kernaufgabe des Parlaments wahrnehmen, die beide Kammern bisher fatal vernachlässigen: Kontrolle und politisches Gegenstück zu extremistischen Instinkten des Präsidenten zu sein.

Dummerweise wäre das nun vor allem kurzfristig wichtig. Ein Mitarbeiter Trumps sagte zu Politico, die Wahrscheinlichkeit, dass der Präsident nun "etwas Dummes" tue, um abzulenken, sei "substanziell". Wer solche Statements abgibt und trotzdem weiter für Trump arbeitet, kann auch nur zu "den besten Leuten" gehören. (Manuel Escher, 22.8.2018)