Was aus dieser Pipette (oder gar einem Wasserhahn) fließt, ist eine Schmutzbrühe in Vergleich zu dem Grad an Sauberkeit, mit dem TU-Forscher nun arbeiteten.

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Wien – Titanoxid, das unter anderem in Katalysatoren eingesetzt wird, ist ein sehr gut erforschtes Material – dennoch kann es noch Überraschungen liefern. Auf der Suche danach, was Titanoxid-Oberflächen verunreinigen kann, sind Physiker der Technischen Universität (TU) Wien nun auf eine unerwartete Antwort gestoßen: Wie sie im Fachmagazin "Science" berichten, sind es organische Säuren aus natürlichen Quellen, die in der Luft nur in geringsten Konzentrationen enthalten sind.

Für den Nachweis entwickelten die Forscher um Ulrike Diebold vom Institut für angewandte Physik eine Methode zur Herstellung der "saubersten Wassertropfen der Welt", wie die TU Wien berichtet. In der Natur ist dieser Grad an Sauberkeit nicht zu finden: Jeder winzige Regentropfen hinterlässt eine Schmutzschicht, sogar der Kontakt mit gewöhnlicher Luft reicht aus, um eine saubere Materialoberfläche augenblicklich mit einer Schicht verschiedener Moleküle zu überziehen. Und diese dünnen Schmutzschichten können die Eigenschaften des Materials deutlich verändern.

Die Methode

Die TU-Forscher mussten also zunächst hochreines Eis herstellen und schmelzen. "Um Verunreinigungen zu vermeiden, muss man solche Experimente im Vakuum durchführen. Man muss also einen Wassertropfen, der niemals mit Luft in Berührung gekommen ist, in der Vakuumkammer auf ein Material aufbringen, das vorher auf atomarer Skala gesäubert wurde", so Diebold. Eine weitere Herausforderung war es, zu verhindern, dass die Tropfen im Ultrahochvakuum einfach verdampfen.

Die Wissenschafter entschlossen sich dazu, eine Art "Kühlfinger" in den Vakuum-Aufbau einzubauen. Nachdem sie die Spitze des Metallstifts auf rund minus 140 Grad Celsius abgekühlt hatten, ließen sie hochreinen Wasserdampf in die Kammer strömen. Die an der "Fingerspitze" gefrierenden Wassermoleküle bildeten dann einen extrem sauberen Mini-Eiszapfen. Danach wurde die Titanoxid-Probe eingebracht und die Metallspitze erwärmt. In der Folge tropfte ein extrem reiner Wassertropfen auf die Probe.

Warten auf die Verunreinigung

Dieses Wasser nutzten die Forscher nun, um "eigenartige Strukturen" zu untersuchen, die sich bilden, wenn eine Titanoxid-Oberfläche mit Luft oder Wasser in Kontakt kommt und dadurch ihre Benetzbarkeit verändert. Bisher wurde vermutet, dass es sich bei diesen materialfremden Anlagerungen um Reste von Wasser- oder Kohlendioxidmolekülen handelt.

Das supersaubere Wasser führte jedoch nicht zur Bildung der ominösen Oberflächenstrukturen. Diese zeigten sich auch dann nicht, wenn zusätzlich Kohlendioxid in die Kammer eingeleitet wurde, womit Wasser oder CO2 als Verursacher nicht mehr infrage kamen. Gelangte die Probe jedoch in Kontakt mit der Raumluft, waren die gesuchten Strukturen wieder da.

Natürliche Quellen

In weiterer Folge stellte sich heraus, dass dafür die Carbonsäuren Essig- und Ameisensäure verantwortlich waren. Das ist vor allem deshalb erstaunlich, da diese Verbindungen, die von Pflanzen ausgedünstet werden, in der Luft nur in kleinsten Mengen vorkommen. Unter einer Milliarde Moleküle in der Luft finden sich nur einige wenige Carbonsäure-Moleküle.

"Dieses Ergebnis zeigt uns, wie vorsichtig man bei solchen Experimenten sein muss. Selbst winzige Spuren in der Luft, die man eigentlich für bedeutungslos halten könnte, sind manchmal ausschlaggebend", so Diebold. (APA, red, 24. 8. 2018)