Den Hype um das angebliche "Superfood" Kokosöl verstehen die Wiener Ernährungsexperten auch nicht.

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"Gefährlicher als Schweineschmalz" – mit dieser einprägsamen Bemerkung sorgte in der vergangenen Woche die Harvard-Professorin Karin Michels in einem Vortrag über Kokosöl und andere "Superfoods" für Aufsehen.

"Kokosöl ist das schlimmste Lebensmittel, das man überhaupt essen kann" und "Kokosöl ist das reine Gift", so Michels weiter, die das Institut für Prävention und Tumor-Epidemiologie an der Uni Freiburg leitet. Schon während ihres Vortrags, der anschließend ins Internet gestellt wurde, ging ein Raunen durch die Menge im Hörsaal.

Universitätsklinikum Freiburg

Auch medial raunte es gewaltig. Denn Kokosöl ist in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Lebensmittel geworden. Das hat auch Ingrid Kiefer, Ernährungswissenschafterin und Leiterin des Fachbereichs Risikokommunikation der Agentur für Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit (Ages) beobachtet.

In der Vermarktung von Kokosöl heißt es etwa, man könne leichter damit abnehmen, oder gar, es helfe gegen Demenz und Alzheimer, so Kiefer. "Das ist wissenschaftlich absolut nicht belegt, dazu gibt es keine seriösen Studien."

Keine Alternative

"Ich verstehen den Hype um das Kokosöl nicht. Ihm werden positive Eigenschaften zugeschrieben, die mir nicht verständlich sind. Es enthält viele gesättigte Fettsäuren, von deren Konsum wir eher abraten", sagt auch Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien. Eine bessere Alternative zu anderen pflanzlichen Ölen sei Kokosöl daher nicht.

Die Aussagen im Vortrag seien sehr zugespitzt formuliert, so Ingrid Kiefer. Es sei aber etwas dran: Kokosöl ist tatsächlich von allen tierischen und pflanzlichen Ölen jenes, das den höchsten Gehalt an gesättigten Fettsäuren hat – er liegt bei 90 Prozent. Zum Vergleich: Butter hat knapp unter 70, Schweineschmalz 41 Prozent. Darin liegt auch das Hauptargument von Karin Michels.

"Kein Gift"

"Dennoch ist Kokosöl kein Gift, auch Schweineschmalz ist keines", sagt Jürgen König. "Es schmeckt halt, deshalb ist es völlig legitim, Kokosöl in die Ernährung einzubauen. Abwechslung ist schließlich gut." Es gehe immer um die Menge. "Wenn sich der Konsum in Grenzen hält, ist der Genuss von Kokosöl genauso in Ordnung wie der von Schweineschmalz."

In einem anderen Punkt gibt Ingrid Kiefer Entwarnung: "In der Ages werden Öle und Fette auf alles Mögliche untersucht, etwa Pestizidrückstände. Hier gab es in den vergangenen Jahren bei Kokosöl keinerlei Beanstandungen. Damit können wir ausschließen, dass tatsächlich irgendein Giftstoff darin enthalten ist, wie Michels es formuliert."

Die Ages-Expertin kennt lediglich einen Vorteil von Kokosöl: "Es ist beim Anbraten und Backen hitzestabil, weil der Schmelzpunkt niedrig und der Rauchpunkt hoch ist." Diesen Vorteil haben jedoch auch andere, gesündere Öle.

Viel zu viel Fett

Apropos: Als gesündere Alternative zum Erhitzen empfehlen die Experten etwa Oliven-, Raps- oder Erdnussöl. Jürgen König stellt allerdings klar: "Man muss gar nicht so sehr auf die Art der Fette achten, sondern sollte insgesamt weniger davon essen." Kiefer weiß: Laut Österreichischem Ernährungsbericht nehmen die Österreicher insgesamt viel zu viel Fett zu sich.

Einsparen sollte man eher bei den tierischen Fetten. Denn sie enthalten hauptsächlich die ungesünderen, gesättigten Fettsäuren, während in pflanzlichen Ölen vor allem gesündere, ungesättigte Fette vorkommen. Aber auch Schweineschmalz und Butter enthalten zum Teil ungesättigte Fettsäuren. Pflanzlich heißt aber auch nicht automatisch gesund: Kokosöl und Palmfett haben einen relativ hohen Anteil an den ungesünderen gesättigten Fettsäuren.

Insgesamt heißt es also: Weniger Fett essen und vor allem bei gesättigten Fettsäuren sparen. Denn sie erhöhen den Cholesterinspiegel und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. König zufolge muss man aber dennoch nicht komplett auf tierische Fette oder Kokosöl verzichten. (Bernadette Redl, 24.8.2018)