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Was für Gazprom zum Problem werden könnte: Ressourcenbasis für das Projekt wäre eine Küstenlagerstätte und deren Ausbeutung steht unter US-Sanktionen.

Foto: AP/Stefan Sauer

Moskau – Das Riesenprojekt "Kraft Sibiriens" ist noch nicht einmal in Betrieb, da erwägt Gazprom schon eine weitere Pipeline Richtung China. Die Gasleitung ist wesentlich kleiner, aber keineswegs unkomplizierter.

Gazprom hat mit der Projektierung einer Gaspipeline von Sachalin nach China begonnen. Konkret handelt es sich um eine Abzweigung der schon bestehenden Trasse Sachalin–Chabarowsk–Wladiwostok (SChW), die dementsprechend ausgebaut werden müsste. Über die Kapazität der neuen Leitung gibt es keine Angaben.

Absichtserklärung unterzeichnet

Ende 2017 hatten Russland und China immerhin eine Absichtserklärung über den Beginn des Gasexports über die Ostroute unterzeichnet. Darin hieß es, dass mindestens acht Milliarden Kubikmeter über die neue Route fließen sollen. Geplant ist daher, bis 2020 die Kapazität der SChW auf 20 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen.

Insgesamt ist das immer noch eine relativ geringe Menge. Zum Vergleich: Die Kraft Sibiriens, eine knapp 4.000 Kilometer lange Pipeline von der sibirischen Teilrepublik Jakutien nach Wladiwostok, hat eine Kapazität von 61 Milliarden Kubikmeter, wovon China 38 Milliarden Kubikmeter abgezweigt werden soll. Die 1,1 Billionen Rubel (14 Milliarden Euro) teure Leitung soll 2019 in Betrieb gehen und die damit seit Jahren vom Kreml angekündigte Diversifizierung der Rohstofflieferungen manifestieren.

Problemlos ist die Wende gen Osten für Gazprom nicht verlaufen. Jahrelang stritten sich Russland und China um den Preis für das Pipelinegas. Die am Ende gefundene Formel zur Preisbildung ist bis heute nicht publik. Gazprom teilte lediglich mit, die Pipeline werde sich rentieren.

Steigende Rohstoffpreise überzeugen Russen

Die Russen sind angesichts steigender Rohstoffpreise nun wohl auch von dem neuen Projekt überzeugt. Chinas Gasverbrauch steigt schnell, und auch die Preise für Gas sind gerade im ostasiatischen Raum mit etwa 440 Dollar für 1.000 Kubikmeter Pipelinegas wieder lukrativ.

Zudem ist die Leitung SChW mit 1.700 Kilometern deutlich kürzer. Vor Sachalin lagern riesige Mengen an Kohlenwasserstoffen. Die Ölvorräte werden auf 620 Millionen Tonnen geschätzt, die Reserven an Gas auf 2,1 Billionen Kubikmeter. Schon jetzt wird vor der russischen Fernostinsel reichlich Gas gefördert und dann als Flüssiggas über den russlandweit ersten LNG-Terminal vorwiegend nach Japan exportiert. Die Vorräte reichen aber natürlich auch für die Befüllung einer Pipeline.

Für das Pipelinegas müsste allerdings eine neue Lagerstätte angezapft werden: das Gasfeld Juschno-Kurinskoje. Das Problem dabei ist, dass die Förderung von Öl und Gas aus Küstenlagerstätten sanktioniert wird – eine Folge der Ukrainekrise. Westliche Firmen dürfen sich weder finanziell noch mit Know-how und Anlagen an der Erschließung solcher Gasfelder beteiligen. Gerade im Bereich der Unterwasserbohrtechnik ist Russland aber auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen.

Es wird zwar spekuliert, dass die Chinesen die entsprechenden Anlagen liefern können, aber derzeit ist noch nichts spruchreif. Auch deshalb gibt es noch keinen verbindlichen Vertrag für den Bau der neuen Pipeline. Die Planspiele sind allerdings schon relativ weit gediehen. Es heißt, dass bereits auf dem Wirtschaftsforum in Wladiwostok Mitte September dazu neue Dokumente zwischen Russen und Chinesen unterzeichnet werden könnten. (André Ballin aus Moskau, 23.8.2018)