Das Bundesheer und die Polizei bei einer gemeinsamen Grenzschutzübung 2016 in Kärnten.

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Zum insgesamt dritten Mal hat Österreich die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union inne. Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) wird seine europäischen Amtskollegen Ende August in Wien zu einem Ministertreffen empfangen.

Bei diesem Treffen wird die Weiterentwicklung der europäischen Verteidigungszusammenarbeit auf der Agenda stehen. Dabei soll auch ein von Österreich entwickeltes Präsidentschaftspapier zur Verbesserung der zivil-militärischen Zusammenarbeit mit Blick auf den Schutz der EU-Außengrenzen präsentiert werden. Seit im Jahr 2015 die Migrationswelle, von der Türkei kommend, über Europa hereingebrochen ist, ist die Assistenzleistung des Militärs für zivile Behörden zunehmend in den Fokus der Sicherheitspolitik gerückt.

Das österreichische Bundesheer hat eine lange Erfahrung bei der Unterstützung ziviler Behörden – auch was den Grenzschutz betrifft. Als nach dem Fall des Eisernen Vorhanges viele Menschen versuchten, in den "goldenen Westen" zu gelangen, häufte sich die Zahl der illegalen Grenzübertritte. Da für die Überwachung der Grenzen die Polizeikräfte nicht ausreichten, wurde das Bundesheer mit Erfolg zur Unterstützung herangezogen.

2015 war der Schutz der Grenze zunächst kein Thema für die damalige Bundesregierung. Es ging lediglich darum, auf Grundlage der sogenannten Willkommenskultur die Migrationsbewegung in geordnete Bahnen zu bringen. Als die Situation zunehmend außer Kontrolle geriet, setzte sich letztlich die Erkenntnis durch, dass eine ungehinderte Durchquerung von Europa nicht länger hinnehmbar war. Erneut wurde das Bundesheer zum sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz an die Staatsgrenzen beordert, um das weitere Vordringen illegaler Migranten zu unterbinden.

Um das Problem auch auf europäischer Ebene in den Griff zu bekommen, war die Zusammenarbeit mit den Mitglieds- und Partnerstaaten in Ost- und Südosteuropa von zentraler Bedeutung. Die Visegrád-Staaten – Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn – erkannten bald, dass ein effektiver Grenzschutz gemeinsamer Anstrengungen bedürfe. Auch in Österreich setzte sich diese Erkenntnis letztlich durch. Die Schließung der "Balkanroute" brachte eine deutliche Entlastung für unser Land.

Neue Wanderungsbewegungen

In jüngster Zeit nimmt der Migrationsdruck auf Europa wieder zu. Die Ursachen der weltweiten Wanderungsbewegungen, vor allem bewaffnete Konflikte und wirtschaftliche Perspektivlosigkeit, die miteinander Hand in Hand gehen, bestehen nach wie vor. Selbst wenn in Syrien der Krieg seinem Ende entgegengeht, ist das Migrationsproblem wegen seiner strukturellen Gründe, zu denen auch der Klimawandel zu rechnen ist, noch lange nicht gelöst.

In der EU herrscht Einigkeit darüber, dass das Problem der Migration alle europäischen Staaten betrifft. Die Verbesserung des Außengrenzschutzes ist ein gemeinsames Anliegen. Hier kommt das Militär ins Spiel. Wenn auch der Schutz der Außengrenzen vor illegaler Migration keine eigentliche militärische Aufgabe ist, so können Streitkräfte doch eine wertvolle Ergänzung und Unterstützung für zivile Behörden leisten.

Umfassende Landesverteidigung bedeutet nicht nur die Abwehr fremder Armeen, sondern auch die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit im Inneren. Hier können Soldaten wesentliche Beiträge erbringen – nicht nur im eigenen Land, sondern auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten. 2016 und 2017 haben auf Grundlage einer bilateralen Abmachung österreichische Soldaten Ungarn beim Schutz der Grenze zu Serbien unterstützt.

Gute Erfahrungen

Aufgrund der guten Erfahrungen, die wir in Österreich mit dieser Form von Zusammenarbeit zwischen Heer und Polizei haben, wollen wir während der EU-Ratspräsidentschaft dieses Modell den anderen EU-Staaten präsentieren und als eine zusätzliche und ergänzende Lösungsoption diskutieren. Das österreichische Beispiel könnte als Vorbild dazu dienen, besonders hohe operative Bedarfslagen abzudecken bzw. den Grenzschutz in einzelnen Staaten effektiver zu gestalten, solange der Außengrenzschutz durch die Grenz- und Küstenschutzagentur Frontex nicht die volle Operationsfähigkeit erreicht hat. Aber auch eine bilaterale Unterstützung, wie sie Österreich für Ungarn geleistet hat, könnte zu einem europäischen Modellverfahren ausgebaut werden.

Illegale Migration

Österreich wird anregen, dass Einsätze im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union künftig in ihren Mandaten auch verstärkt die Bekämpfung der illegalen Migration und den Grenzschutz umfassen sollten. Aus österreichischer Perspektive ist vor allem an Bosnien-Herzegowina zu denken, wo das Bundesheer Teile von EUFOR Althea stellt. Im Interesse der gesamten Europäischen Union ist auch, dass Partnerstaaten, vor allem auf dem Westbalkan und in Afrika, deren Grenzschutzkapazitäten nicht ausreichen, durch die EU und ihre Mitglieder beim Aufbau entsprechender Fähigkeiten unterstützt werden.

Neben dem Außengrenzschutz ist auch der Stabilisierung von Herkunfts- und Transitstaaten ein verstärktes Augenmerk zu schenken. Das erfordert einen umfassenden Sicherheitsansatz und die Bereitschaft der EU-Staaten, konkrete militärische Beiträge zu leisten. Österreich geht hier mit gutem Beispiel voran.

In den kommenden Monaten wird nicht nur das Bundesheer-Kontingent in Bosnien-Herzegowina aufgestockt, sondern auch das Kontingent zur EU-Mission in Mali substanziell erweitert. Damit wird zur Abhilfe bei einem der dringlichsten Probleme unserer Zeit, nämlich der illegalen Migration, ein Mehrwert für die Europäische Union geschaffen. Eine europäische Lösung in dieser Sache sollte mit dem nötigen Willen machbar sein und ist letztlich auch unerlässlich, um Frieden und Stabilität in Europa zu sichern.

Österreich vermittelt

Österreich wird die Ratspräsidentschaft nutzen, um Vorschläge in diese Richtung zu machen und zwischen den Mitgliedsstaaten zu vermitteln. (Wolfgang Baumann, 23.8.2018)