Hautausschlag, Fieber, Lichtempfindlichkeit: An Masern erkrankte babys sind in Lebensgefahr, Medikamente richten nichts gegen die Viren aus. Nur die Impfung schützt.

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Es ist immer eine Sache der Perspektive. Ärzte wissen, dass Masern eine lebensgefährliche Erkrankung sind, Laien nicht. Ärzte fordern deshalb zur Masernimpfung auf, Laien recherchieren im Internet und stoßen mehr oder weniger schnell auf obskure Internetseiten, die davor warnen. Die Argumente sind dubios, trotzdem: "Die Impfskepsis ist in Europa vor allem in Akademikerfamilien stark verbreitet", sagt Heidemarie Holzmann vom Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien und macht sich dieses Jahr große Sorgen.

Im ersten Halbjahr 2018 wurden laut WHO bereits 41.000 Masernfälle registriert, 37 Menschen sind an Masern gestorben, "das sind jetzt schon so viele wie letztes Jahr zu Jahresende", sagt Holzmann. Besonders betroffen seien Babys, weil sie noch gar nicht geimpft wurden, und junge Erwachsene, die zum Teil ungeimpft sind oder statt zwei nur eine Impfung in Anspruch genommen haben.

Laut dem Europäischem Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten treten die meisten Masernfälle in der EU aktuell in Rumänien (4317 Fälle), Frankreich (2588), Griechenland (2238) und Italien (1716) auf. Auch auf dem Balkan verbreiten sich die Viren sowie in der Ukraine, wo die Impfdisziplin durch den Krieg beeinträchtigt ist.

Die schlechte Nachricht

Masernviren halten sich nicht an Ländergrenzen. Ungeimpfte, die sich auch nur in der Nähe eines Masernkranken befinden, werden angesteckt, erst bei einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent, wie sie in den skandinavischen Ländern oder in den USA erreicht wird, können die Gesundheitsbehörden aufatmen. In Österreich ist das nicht der Fall: 2015 lag man auf in der EU-Masernstatistik gar auf Platz zwei. "Die Durchimpfungsraten in Österreich sind auf zu niedrigem Niveau stabil", heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Probleme gibt es bei der zweiten Masernimpfung, die viel zu häufig nicht durchgeführt wird. Damit ist der Schutz nicht komplett. "Deshalb sind auch junge Erwachsene besonders stark betroffen, sie hatten nur eine Masernimpfung", erklärt Holzmann und empfiehlt die kostenlose Auffrischung für alle in den 1990er-Jahren Geborenen, die sich unsicher sind. Ein elektronischer Impfpass würde die Situation maßgeblich verbessern, ist sie überzeugt – ein E-Impfpass ist in Entwicklung, heißt es aus dem Ministerium.

Kränklich bleiben

Nicht oder unzureichend geimpfte Menschen sind nicht nur selbst in Gefahr, schwer zu erkranken, sie sind auch sozial betrachtet ein hohes Risiko, weil sie vor allem Babys, Alte oder immunsupprimierte Menschen in Gefahr bringen können. "Diese persönliche Verantwortung für andere zu kommunizieren ist eine wirkliche Herausforderung", weiß Holzmann. Viele würden sich nämlich darauf verlassen, dass ohnehin die anderen geimpft sind und sie von diesem Herdenschutz profitieren.

Das Gegenteil ist der Fall. "Impfskepsis ist ein Phänomen der Wohlstandsgesellschaft", konstatiert Holzmann. Dass die Masernimpfung die Kindersterblichkeit massiv senkt, lässt sich in Schwellenländern, die die Impfung gerade erst einführen, unmissverständlich ablesen.

Worüber sich Holzmann besonders ärgert, ist die Behauptung, dass eine "wirkliche Maserninfektion" wirksam vor weiteren Infektionen schützt. Neue Studien zeigen eindeutig, dass Masernviren die immunologischen Gedächtniszellen massiv zerstören und Patienten auch nach einer überstandenen Masernerkrankung anfällig für viele andere Infekte sind. (Karin Pollack, 25.8.2018)