Ebenso wie dieses Kind in der chinesischen Provinz Huaibei lassen sich auch viele Erwachsene nicht gerne impfen. Dass der Schutz vor Krankheiten aber zunehmend nicht nur als unangenehm, sondern auch als schädlich gilt, ist laut einer neuen Studie aus den USA auch der Aktivität russischer Bots und Trolle zu verdanken.

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Washington – Russland steht erneut im Zentrum einer Kontroverse um die Beeinflussung von Meinungen im Internet. Und diesmal geht es um eine Frage, die vordergründig wenig mit Politik zu tun hat. Laut einer Studie, die im "American Journal of Public Health" publiziert wurde, versuchen Bots und Trolle, die Russland zugeordnet werden, online Unsicherheit rund um das Thema Impfen zu schüren.

Konkret geht in in der quantitativen Auswertung um Accounts, die sich etwa auch bei der US-Wahl besonders für Donald Trump engagiert hatten. Sie sollen auf beiden Seiten der Impfdebatte mit irreführenden Hinweisen und Fehlinformationen bisherige Konsensmeinungen zum Thema Impfen aufgeweicht haben.

Scheinbar gleiche Legitimität

Russland, sagt der Assistenzprofessor David Bronitowski zum "Guardian", versuche offenbar die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft voranzutreiben. "Die große Mehrheit der US-Amerikaner ist der Ansicht, dass Impfungen sicher und wirksam sind. Aber jemand, der sich auf Twitter informiert, hat den Eindruck, dass es darüber eine große Debatte gebe."

Dass unter den Trollen auch scheinbare Befürworter von Impfungen gewesen seien, habe offensichtlich den Zweck verfolgt, fälschlich den Eindruck zu erwecken, dass es eine gemeinsame Basis für Diskussionen über das Impfen und eine gleiche wissenschaftliche Legitimität beider Ansichten gebe. Auffällig oft seien die Meinungen zum Thema Impfen mit kontroversen Themen – etwa Gott, Ausländer, Rassismus oder Tierschutz – verbunden worden oder hätten die Legitimität der US-Regierung infrage gestellt.

Zudem neigten viele der Gegner zu Verschwörungstheorien – etwa zur Zusammenarbeit der "Pharmalobby" mit dunklen Gestalten in der US-Regierung.

Dass man auf die russischen Einflussversuche gestoßen ist, war übrigens Zufall. Eigentlich wollte die Forscher ergründen, wie man online effektiver über Vor- und Nachteile bestimmter Impfungen informieren könne.

Dramatisches Masern-Comeback

Während sich die Studie auf die USA bezog, ist auffällig, dass es in den vergangenen Jahren auch in Europa viele neue Unsicherheiten über das Impfen gab. Erst vor wenigen Tagen warnte die Weltgesungheitsorganisation (WHO) vor einem dramatischen Anstieg der Masernerkrankungen in Europa.

Alleine im ersten Halbjahr 2018 haben sich demnach mehr als 41.000 Kinder und Erwachsene mit Masern angesteckt. Mindestens 37 Menschen starben an der Krankheit. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2017 waren in Europa 23.927 Personen erkrankt, 2016 waren es noch 5.273.

Mehr als die Hälfte der Masern-Erkrankungen in Europa seien in diesem Jahr in der Ukraine aufgetreten (23.000), weil dort aufgrund der militärischen Konflikte Impf- und Überwachungsroutinen unterbrochen wurden. Aber auch in Frankreich, Georgien, Griechenland, Italien, Russland und Serbien habe es mehr als 1.000 Ansteckungen gegeben. In Österreich wurden im ersten Halbjahr laut WHO 62 Masernfälle gemeldet. Im ganzen Jahr 2017 hatte es hier 95 Ansteckungen gegeben. (mesc, red, 24.8.2018)