Alkohol schade schon ab dem ersten Tropfen, sagen US-Wissenschafter.

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Weltweit trinkt jeder dritte Erdenbürger Alkohol (32,5 Prozent), das sind 2,4 Milliarden Menschen. Ein Viertel der Frauen (0,9 Milliarden) und 39 Prozent der Männer (1,5 Milliarden) mögen Bier, Wein oder andere "geistreiche" Getränke. Im Durchschnitt konsumieren Frauen täglich 0,73 alkoholische Standardgetränke, Männer kommen auf 1,7. Das hat auch gesundheitliche Folgen: Jährlich werden 2,8 Millionen Todesfälle mit dem Konsum von Alkohol in Verbindung gebracht, hat eine Studie eines internationalen Forscherteams um Emmanuela Gakidou und Max Griswold von der University of Washington in Seattle ergeben.

Die Wissenschafter haben für ihre Übersichtsarbeit 694 Studien über Alkoholkonsum und 592 Studien über die Gesundheitsrisiken von Alkohol, die zwischen 1990 und 2016 veröffentlicht wurden, berücksichtigt. Insgesamt analysierten sie die Daten von rund 28 Millionen Menschen aus 195 Ländern. Es zeigte sich: Das Trinkverhalten ist heterogen. Demnach genehmigen sich die Dänen mit 95 Prozent (95,3 Prozent der Frauen und 97,1 Prozent der Männer) am häufigsten mehr oder weniger regelmäßig Alkoholisches. Die niedrigste Konsumrate beobachteten die Forscher in Pakistan (0,8 Prozent) und Bangladesch (0,3 Prozent).

In Österreich konsumieren 83 Prozent der Frauen (im Schnitt 2,8 Standardgetränke täglich) und 89 Prozent der Männer (im Mittel 4,7 Standardgetränke pro Tag) Alkohol. Männer in Rumänien und Frauen in der Ukraine trinken mit 8,2 bzw. 4,2 Standardgetränke pro Tag am meisten. Ein alkoholisches Standardgetränk enthält laut Definition zehn Gramm reinen Alkohol, das entspricht etwa einem Viertelliter Bier.

Was Alkohol macht

Was die Wissenschafter noch errechneten: Im Ranking lebensverkürzender Faktoren steht Alkohol an siebter Stelle. Er begünstigt unterschiedliche Krankheiten wie Krebs, Leberzirrhose, Bluthochdruck, aber auch Tuberkulose und Autounfälle.

Konkret führten die Forscher 2,2 Prozent der Todesfälle von Frauen und 6,8 Prozent der Todesfälle von Männern auf den Konsum von Alkohol zurück. Für 15- bis 49-Jährigen sei Alkohol sogar der größte Risikofaktor, frühzeitig zu versterben (3,8 Prozent der Todesfälle der Frauen und 12,2 Prozent der Männer). Auch die alkoholbedingten Todesursachen unterscheiden sich je nach Alter: In der Altersgruppe 15 bis 49 Jahre sind Tuberkulose, Verkehrsunfälle und Selbstverletzung am häufigsten. In der Gruppe ab 50 Jahren hat Krebs den höchsten Anteil.

Zwar gelte weiterhin, schreiben die Autoren, dass ein oder zwei alkoholische Getränke pro Tag eine schützende Wirkung gegen gewisse Herzkrankheiten haben können, allerdings wiege das nicht das Krankheitsrisiko auf, das der Alkohol nach sich ziehe. "Wir haben festgestellt, dass insbesondere der starke Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Krebsrisiko die Schutzwirkung für ischämische Herzerkrankungen bei Frauen kompensiert", heißt es in der Studie.

Kein sicheres Alkohollevel

In der Übersichtsarbeit wurde auch das Erkrankungsrisiko ermittelt: In der Gruppe der Alkoholabstinenten erkrankten jährlich 914 von 100.000 Personen an zumindest einem von 23 Leiden, die auch mit Alkoholkonsum assoziiert sind. Unter jenen, die durchschnittlich ein Bier oder ein Glas Wein pro Tag tranken, waren es 918 – das entspricht einem um 0,5 Prozent höheren Gesundheitsrisiko. Personen, die zwei alkoholische Getränke pro Tag konsumierten, hatten ein um sieben Prozent erhöhtes Erkrankungsrisiko (977 von 100.000 Personen). In der Gruppe der Vieltrinker (mehr als fünf Gläser täglich) stieg die Wahrscheinlichkeit für ein alkoholbedingtes Gesundheitsproblem um 37 Prozent.

Die Studie zeige, dass es kein sicheres Level von Alkoholkonsum gebe, schlussfolgern die Autoren. Die Interpretation der Ergebnisse ist allerdings nicht unproblematisch: Schließlich basiert die Analyse primär auf retrospektiven Beobachtungsstudien. Die festgestellten Zusammenhänge könnten demnach auch auf andere Lebensstil- und Risikofaktoren wie Tabakkonsum, unausgewogene Ernährung oder Bewegungsmangel zurückzuführen sein, die unberücksichtigt geblieben sind. Demnach dürften Menschen, die regelmäßig Alkohol trinken, insgesamt einen ungesünderen Lifestyle pflegen, der wiederum das Erkrankungsrisiko steigert.

Überzogene Schlussfolgerungen

"Das Ganze ist willkürlicher Zahlenfetischismus, mit dem die Menschen nur verunsichert werden", kritisierte Michael Musalek, Suchtexperte und Leiter des Wiener Anton-Proksch-Instituts, im April 2018 eine themenverwandte Studie.

Denn Korrelation ist nicht Kausalität: So lässt sich etwa auch ein positiver Zusammenhang zwischen dem Konsum von Schokolade und der Scheidungsrate in den USA feststellen. Dass der süße Dickmacher tatsächlich dafür sorgt, dass Ehen scheitern, gilt aber als mehr als unwahrscheinlich.

In einem Kommentar zur Übersichtsarbeit merkte David Spiegelhalter vom Institut für Risikoabschätzung der Uni Cambridge an: "Es gibt auch kein 'sicheres' Level von Autofahren, aber die Regierung empfiehlt der Bevölkerung auch nicht, gänzlich darauf zu verzichten." (bere, gueb, 26.8.2018)