Die sächsische Polizei wird seit Bekanntwerden der Affäre von Demonstranten als "Pegizei" verballhornt.

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Berlin/Dresden – Das Landeskriminalamt (LKA) in Sachsen prüft Verbindungen jenes Mitarbeiters, der bei einer Pegida-Demonstration ein ZDF-Team verbal angegriffen hatte, zur rechten Szene in der sächsischen Kreisstadt Freital. Wie der Sender MDR meldet, hat der Mann bei der Demonstration gemeinsam mit dem Anführer der Anti-Asyl-Bürgerinitiative "Freital wehrt sich – Nein zum Hotelheim", Rene S., das Fernsehteam gestört.

Die Initiative organisierte 2015 wöchentliche Demonstrationen vor einer Asylunterkunft, die schnell eskalierten. Aus der rechten Szene dieses Ortes entwickelte sich auch die rechtsextreme Gruppe Freital. Mehrere Mitglieder der Gruppe waren im März wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten seit 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlinge und politische Gegner verübt.

Beamter agitierte gegen "Volksverräter"

Der Mitarbeiter des LKA hat einem Medienbericht zufolge außerdem Einsicht in sensible Ermittlungsdaten. Der Mann sei Buchprüfer bei Ermittlungen in komplexen und schweren Straftaten und habe in dieser Funktion Zugriff auf das polizeiliche Erfassungssystem IVO. Darin würden alle Straftaten und Ermittlungsvorgänge registriert. Überdies soll er Zugriffsrechte für das Zentrale Ausländerregister (ZAR) haben. Das sächsische Innenministerium habe die Informationen mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen weder bestätigen noch dementieren können, berichtet der MDR.

Der umstrittene Polizeieinsatz.

Nachdem der LKA-Mitarbeiter während der Demonstration das ZDF-Kamerateam, das ihn filmte, verbal angegriffen hatte, wurden die Journalisten etwa eine Dreiviertelstunde lang von der Polizei festgehalten.

Laut MDR zeigt ein weiteres Video im Internet, dass der LKA-Mitarbeiter sich nicht nur am Rande der Demonstration gegen den Besuch der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bewegte. Er stand demnach mit schwarz-rot-goldenem Hut inmitten einer Demonstrantengruppe, die gegen den Konvoi der Kanzlerin mit Rufen wie "Volksverräter" protestiert habe.

Polizei entschuldigt sich

Die Dresdner Polizei die ZDF-Journalisten mittlerweile um Entschuldigung gebeten. Der Polizeipräsident habe bei einem Gespräch mit ZDF-Vertretern Fehler eingeräumt, teilte der Sender am Freitag auf seiner Website mit.

Politische Uneinigkeit

Die Vorfälle haben nun auch ein politisches Nachspiel. Mittlerweile äußerte sich auch die deutsche Regierung zu dem Zwischenfall: Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte am Freitag in Berlin, die Behörden in Sachsen sollten zügig Klarheit schaffen und mögliche Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen.

"Aber natürlich ist auch dieser Fall ein Signal für das Land. Wir dürfen da nicht wegschauen, wenn sich Mitarbeiter der Landes- und Sicherheitsbehörden von den Grundrechten unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft abwenden", fügte sie hinzu.

Auf die Frage, wie der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) den Vorfall bewerte, sagte eine Sprecherin seines Ministeriums: "Das ist eine sächsische Angelegenheit. Die haben wir als Bundesministerium des Innern nicht zu bewerten."

Jahrelange Verharmlosung

Die SPD, die in Sachsen Teil der großen Koalition ist, hat Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU frontal angegriffen. Die Christdemokraten würden eine Mitschuld an einer jahrelangen "Verharmlosung von bestimmten rechten Tendenzen in Sachsen" tragen, sagte der SPD-Landesvorsitzende Martin Dulig in der ARD. Nun sei man mit den Auswirkungen dessen konfrontiert. "Wir haben ein Problem in Sachsen", konstatierte er.

Dulig griff Kretschmer direkt an, der nach dem Vorfall in Dresden der Polizei via Twitter die "Ordnungsmäßigkeit" ihres Einsatzes bescheinigt hatte, durch den das ZDF-Team vorübergehend an seiner Arbeit gehindert worden war. "Ich habe mich (...) sehr geärgert", sagte Dulig zum Tweet von Kretschmer. Nun sei eine Versachlichung der Debatte nötig. Man dürfe nicht das ganze Land Sachsen für diese Vorgänge in Haftung nehmen. (van, mesc, APA, Reuters, 24.8.2018)