Der scheidende Premier.

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Der Rücktritt von Australiens Premierminister Malcolm Turnbull am Freitag war keine Überraschung, sondern das vorläufige Finale eines Kampfes zwischen den Liberalen in der Liberalen Partei und dem ultrakonservativen Flügel, angeführt von Tony Abbott. Er war der Premierminister, den Turnbull 2015 geputscht hatte. Das hat ihm Abbott nie vergeben. Und: Das hat ihm die mächtige Rechte in seiner Partei nie vergeben.

Er blieb sich nicht treu

Turnbull ist eine Warnung an Politiker, die – aus Selbstschutz oder aus Feigheit – ihre Prinzipien über Bord werfen. Der Selfmade-Millionär in seinen 5.000-Dollar-Anzügen war ein ungewöhnlicher Hoffnungsträger für Millionen. Nach den Jahren unter dem ultrarechten Fundamentalisten Abbott war der scheinbar liberale Turnbull mit großen Erwartungen ins Rennen gegangen – zu großen, wie Kritiker heute sagen. Seine vermeintlich progressive Haltung, sein eisernes Versprechen, entschieden gegen den Klimawandel vorzugehen, sein joviales, charmantes Auftreten, seine bemerkenswerte Intelligenz, sie machten den Ex-Investmentbanker selbst für nichtkonservative Wähler attraktiv.

Turnbull hat keine Freunde mehr

Doch im Amt wandelte er sich. Turnbull gab ein Prinzip nach dem anderen auf und driftete auch in seiner Rhetorik immer mehr in Richtung rechts. Kritiker sprachen zum Schluss von "Abbott II". Es gibt für diese dramatische Transformation nur einen Grund: Turnbull wollte die aggressive Rechte besänftigen. Doch am Schluss hatte er überhaupt keine Freunde mehr, weder auf der rechten noch auf der linken Seite seiner Partei. Er hatte zwar sein Lebensziel erreicht, Premierminister zu werden. Doch in die Geschichte wird er als jener eingehen, der seine Seele verkauft hat. (Urs Wälterlin, 24.8.2018)