Eine mit Stroh gedeckte Behausung des 2017 entdeckten Stammes.

Man würde annehmen, dass es dank der modernen Satellitentechnologien keine weißen Flecken mehr auf diesem Planeten gibt – und dass alle Menschengruppen, die auf der Erde existieren, längst Kontakt mit der sogenannten Zivilisation gemacht haben.

Doch der riesige Amazonas-Regenwald liefert dann doch immer wieder Überraschungen, die oft genug einen tragischen Beigeschmack haben. Erst im Vormonat veröffentlichte die Fundação Nacional do Índio (Funai), die brasilianischen Behörde zum Schutz der indigenen Bevölkerung des Landes, Aufnahmen des mutmaßlich letzten überlebenden Mitglieds eines sogenannten unkontaktierten indigenen Volks im Bundesstaat Rondônia an der Grenze zu Peru.

Etliche Angehörige seines Stammes dürften in den vergangenen Jahrzehnten von Holzfällern ermordet worden sein.

Neue Einblicke mittels Drohnen

Diese Woche publizierten die Forscher von Funai weitere Filmaufnahmen, die bereits im Vorjahr und zum Teil mithilfe einer Drohne gemacht wurden. Die spektakulären Bilder entstanden ebenfalls in Westbrasilien, diesmal in der Region Vale do Javari. Diese Region im Grenzgebiet zu Kolumbien und Peru ist die Heimat von mehreren indigenen Völkern Brasiliens, darunter die Matis, Matsen, Kulina und Mayoruna.

Die isoliert lebenden Ureinwohner werden auf mehr als 2000 Menschen geschätzt, die mindestens 14 verschiedenen Stämmen angehören und in 19 bisher bekannten Dörfern inmitten des Dschungels leben, die durch Flugzeuge oder Drohnen entdeckt wurden.

Auf den neuen Aufnahmen eines bisher unbekannten Volkes ist unter anderem ein Stammesmitglied zu sehen, das Pfeil und Bogen trägt.

Drohnenvideo, das Angehörige des bislang unbekannten Volkes auf einer Lichtung zeigt.
NHK WORLD-JAPAN

Auch eine mit Stroh gedeckte Behausung ist zu erkennen. Die Forscher machten zudem Fotos von einfachen Äxten und Einbäumen.

Forscher fanden auch eine mit einfachen Hilfsmitteln hergestellte Axt.
Boote, die dem neu entdeckte Stamm gehören.

Die neu entdeckte Gruppe hat noch keinen Namen. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass es zu den Prinzipien von Funai gehört, dass Gruppen, die bisher noch keinen Kontakt zur Außenwelt hatten, zwar beobachtet, aber nicht direkt angesprochen werden.

Bewusst kein Kontakt zur Zivilisation

Nach Funai-Angaben wissen die Stämme im Vale do Javari sehr wohl, dass es große Städte und Bauernhöfe in ihrer Nachbarschaft gibt. Sie hätten sich aber dagegen entschieden, mit den dortigen Bewohnern in Kontakt zu treten. Grund seien oft traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit, Gewalt oder Krankheiten.

Durch die Rodung des Regenwaldes wird der Lebensraum der indigenen Bevölkerung des Amazonas-Urwalds immer mehr verkleinert. Dazu kommen Infektionen mit Masern, Pocken oder Grippeviren, denen viele Ureinwohner zum Opfer fielen. (Klaus Taschwer, 24.8.2018)