Über die schwarzen Tiefen des Ozeans ist wenig bekannt. Das nützt man im Kino, das sich immer schon für das Unsichtbare interessiert hat, natürlich aus. Im Trashspektakel The Meg taucht aus dem Meeresgrund zum Beispiel ein Riesenhai aus der Urzeit hervor. Die Biomathematikerin Danielle (Alicia Vikander) in Wim Wenders' Submergence (Grenzenlos) sucht im Dunklen hingegen Aufschlüsse über das Geheimnis des Lebens. Endlich soll sie mit dem U-Boot absinken. Ganz wohl ist ihr aber auch nicht zumute. In ihrem Notizbuch hält sie dunkle Gedanken über den Hades fest, in dem man seinen Platz unter Mikroorganismen einnimmt, wenn etwas schiefläuft.

In der Tiefseekapsel den eigenen Dämonen begegnen: Alicia Vikander als Biomathematikerin in Wim Wenders' Filmdrama "Grenzenlos".
Foto: Filmladen

Doch Wenders' Romanverfilmung von J. M. Ledgard kümmert sich wenig um solche äußerlichen Katastrophen. Die Bewegungen des Ein- und Abtauchens löst der deutsche Regisseur sinnbildlich auf. Kurz vor ihrem Trip lernt Danielle in einer Luxusabsteige an der Küste der Normandie den Schotten James (James McAvoy) kennen. Die beiden haben sich vor den schroffen Naturschauplätzen viel zu erzählen, geben dabei aber nicht viel Persönliches preis. Näher kommen sie sich trotzdem, denn auch die Auseinandersetzung mit existenziellen Grundfragen und den betrüblichen Ungleichheiten der Welt kann verbinden.

Den Figuren ist mithin ein Tiefsinn zu eigen, ein Anflug von Schwermut. Das wirkt schnell einmal bedeutungsschwer. Das Charisma der beiden Hauptdarsteller, die selbst die albernste Dialogzeile halbwegs spontan klingen lassen, macht dies noch einigermaßen wett. Man begleitet Vikander und McAvoy in die romantische Erholung, auch wenn es unglaubwürdig erscheint, dass die zwei Seelen über so kurze Zeit einander als Verwandte erkennen.

Original-Trailer zu "Submergence".
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Die Wahrscheinlichkeit, dass aus den beiden ein ganz normales Paar wird, ist dennoch gering. Denn James verschweigt Danielle aus verständlichen Gründen, dass er ein britischer Topagent ist. Sein Schwerpunkt: Antiterrorbekämpfung. Als Zuschauer weiß man durch die Rückblendenstruktur des Films von Anfang an mehr über die Hintergründe. Die Berufe kommentieren die Liebesgeschichte als Subtext. Die Meeresgrundtaucherin und der Spion, der sich in fremde Ländern einschleust, sind von ihrer Umwelt isoliert. Sie sehnen sich nach Erlösung, wissen es nur noch nicht.

Es ist dieser metaphysische Überbau, der im zweiten Teil von Submergence dann zunehmend prätentiöser wirkt. James gerät in Somalia in die Hände von Jihadisten, während Danielle weit im Norden am Meer immer verzagter auf ihr Handy starren muss, in der Hoffnung, von ihm zu hören. Eine undankbare Aufgabe für Vikander in der passiven Rolle der Wartenden. Aber auch die weltanschaulichen Debatten, die James auf der anderen Seite der Welt mit Glaubenskriegern führt, sind nicht viel ergiebiger.

Zur Entlastung von Wenders kann man Erin Dignams Drehbuch anführen, das einfach nicht zu retten ist. Doch die Regie versucht es auch gar nicht. Mit größter Ernsthaftigkeit hält sie den Kurs Richtung Hoffnung. (Dominik Kamalzadeh, 25.8.2018)