Bild nicht mehr verfügbar.

Karin Kneissl und Wladimir Putin.

Foto: AP/Alexei Druzhinin

Woher mag nur diese tiefe Abneigung gegen einen der genialsten – besser gesagt den genialsten – Zeitungsverleger aller Zeiten kommen? Lag es daran, dass der "Falter" nicht zur Hochzeit der Außenministerin eingeladen war und Armin Thurnher sauer auf Wolfgang Fellner ist, dessen Medieninstitut auch nicht zugelassen war? Stellen wir uns vor, Wolfgang Fellner wäre mit seinem sogenannten Fernsehsender zur Hochzeit von Karin Kneissl und Wladimir Putin zugelassen worden, appellierte Thurnher an die Fantasie der Leserinnen und Leser. Ein Schwall von Kniefalljubel hätte sich über uns ergossen, ein Rausch von Trachtendirndln wäre ausgebrochen, eingerahmt von sülzigen Kommentaren und zu Tode bearbeiteten Bildern im vormals "Österreich" genannten Druckwerk oe24. Und über allem wären Dankgebete an jenen Mann geschwebt, der uns (nämlich Fellner) wichtig nimmt: Putin unser! Fellner musste draußen bleiben.

Als machte das letztlich einen Unterschied aus! Am Tag vor der Hochzeit ging es in "Österreich" noch halbwegs neutral zu. Kneissl-Hochzeit wird Staats-Affäre, hieß es da und: Putin lässt für Kneissl Kosaken tanzen. Samstag war die Redaktionslinie von einer leichten Verdrießlichkeit geprägt. Wir alle zahlen heute für Kneissl-Hochzeit, war der Aufmacher, und der Herausgeber persönlich kommentierte in seinem persönlich gefärbten Deutsch: Wer Putin als Gast einlädt, soll ihn auch zahlen. Und: Diplomatisch ist es indiskutabel, einen Polit-Tyrannen zu hofieren, der überall geächtet wird – weil er Tausende politische Gefangene hält, in Syrien Zehntausende Menschenleben am Gewissen hat etc. Das war noch vor dem Knicks.

Fellner gab sich neutral

Am Sonntag konnte der Reporter des Blattes nur als Ausgesperrter berichten, und der Herausgeber tat in seinem Kommentar so, als wäre er nicht beleidigt. War die Putin-Show schlecht oder gut für uns?, gab er sich neutral. Die wortgewaltige Minderheit im Land – Medien, politische Beobachter – hält Kneissls Hochzeits-Show für eine Katastrophe, aber die Mehrheit der ÖsterreicherInnen ist der Meinung: Kneissl kann einladen, wen sie will. Letztlich: Wie ich Kneissl kenne, wird sie ihren Charme ab sofort Richtung Washington, Berlin senden. Leider kein Foto vom Knicks im Blatt.

Montag die Rache mithilfe des Russen-TV. Kneissls Kniefall vor Putin auf Seite 1 und als Kommentar: Schaden für weltweites Ansehen. "Knickserl" -Bild hat ungute Symbolkraft. Am nächsten Tag wurde Kneissl-Hochzeit jetzt Fall für Parlament, und wegen Knicks vor Putin Kneissl in Knie- und Kostenfalle. Diesmal kommentierte der Sohn des Herausgebers: Dieser Knicks ging zu weit, Frau Kneissl! Sie habe mit ihrem Kniefall vor Putin jetzt aber endgültig das Fass zum Überlaufen gebracht. Womit sie das Fass vorher gefüllt haben könnte, blieb offen.

Aber am Donnerstag trat die Genialität des Fellner-Journalismus in ihrer ganzen Größe zutage, Armin Thurnher wurde in einem Aufwaschen bestätigt und widerlegt. Im Kommentar durfte wieder ein Fellner schreiben: Welt lacht über "Schmierenkomödie". Durch die absurde Kniefall-Show der Außenministerin sind wir innerhalb der EU zur Polit-Lachnummer geworden. Aus der "Bild"-Zeitung zitiert: ein "Knicks der Schande".

Da war schon die Blattbeilage Seitenblicke erschienen, auf dem Cover endlich das Foto der mit Putin tanzenden Außenministerin und der Text: Kneissls Hochzeit backstage. Im Inneren über nicht weniger als fünf Seiten der von Thurnher peinlich vermisste Schwall von Kniefalljubel, ein Rausch von Trachtendirndln, eingerahmt von sülzigen Kommentaren, ganz so, als wäre "Österreich" dabei und die Familie Fellner als Ehrengäste geladen gewesen.

Liebesgrüße aus der Steiermark, hieß es da, obwohl sie doch aus Moskau kamen. Abseits der Politik wurde die Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl und Wolfgang Meilinger auch zum gesellschaftlichen Event. Abseits der Politik? Das hätte man nach der Berichterstattung in den Tagen zuvor nicht vermutet. Unter Jubel und Applaus tanzen die Braut (in einem Dirndl von Tostmann) und der russische Präsident ausgelassen auf der Terrasse des Gasthauses Tscheppe. Die wirken zwar eher verkrampft, aber egal, denn der Rest ist inzwischen beinahe österreichische Polit-Geschichte, die wohl an dieser Stelle wenig verloren hat. Am Ende des Tanzes mit Putin bedankt sich die Außenministerin beim russischen Präsidenten mit einem Knicks. Ein Bild, das um die Welt geht.

Und Fellners waren dabei. (Günter Traxler, 26.8.2018)