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Ob jemand sich (unangenehmen) Aufgaben sofort stellt oder sie aufschiebt, hängt von der Persönlichkeit ab – und anscheinend auch von der Größe der Amygdala.

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Bochum – Neigen Sie eher dazu, vor allem unangenehme Dinge tagelang vor sich herzuschieben? Oder gehen Sie alle neuen Aufgaben zielstrebig an, um sie möglichst schnell erledigen? Offensichtlich ist, dass die Neigung zur Prokrastination von der Persönlichkeit abhängt. Doch lässt sich dieses Merkmal auch neuronal im Gehirn ablesen?

"Obwohl individuelle Unterschiede in der Handlungskontrolle einen großen Teil unseres täglichen Lebens prägen, ist die neuronale Basis dafür bisher weitgehend unbekannt", erklärt Caroline Schlüter von der Ruhr-Universität Bochum. Sie hat deshalb gemeinsam mit ihrem Team erforscht, ob es Unterschiede bei den Gehirnen von Menschen mit "Aufschieberitis" und eher Schnell-Entschlossenen gibt.

Befragung und dann Hirnscans

Für ihre Studie im Fachblatt "Psychological Science" befragten die Neurowissenschafter zunächst ihre 264 männlichen und weibliche Probanden ausführlich nach deren jeweiliger Neigung zur (Nicht-)Prokrastination. Anschließend wurden die Gehirne der Teilnehmer mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomografie gescannt. Mithilfe der Aufnahmen konnten die Forscher das Volumen bestimmter Hirnareale ermitteln, aber auch die funktionelle Vernetzung wichtiger Zentren messen.

Prokrasitinierer haben größere Amygdala

Tatsächlich zeigten sich einige neuronale Unterschiede: Probanden, die dazu tendierten, Dinge aufzuschieben, hatten eine größere Amygdala, wie die Forscher schreiben. Die Amygdala spielt eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung von Situationen. Sie warnt uns aber auch vor den negativen Auswirkungen, die unsere Handlungen haben können.

Personen mit einer größeren Amygdala fürchten sich deshalb womöglich eher vor den Konsequenzen ihrer Handlungen – und zögern den Beginn deshalb hinaus, mutmaßen die Forscher. Zudem arbeitete das Areal bei den Prokrastinierern schlechter mit dem sogenannten dorsalen anterioren zingulären Kortex zusammen, der Handlungsoptionen abwägt. Das könne den Effekt noch weiter verstärken.

Offen bleibt freilich, die Henne-oder-Ei-Frage: Waren die entsprechenden Ausprägungen im Gehirn der Prokrastinier zuerst da – oder doch die Aufschieberitis? (tasch, 27.8.2018)