US-Präsident Donald Trump ist in Schwierigkeiten. Mehrere frühere Wegbegleiter haben sich von ihm abgewandt oder sind in die Mühlen der Justiz geraten. Ob es zu einem Impeachment-Verfahren gegen Trump kommen könnte, hängt auch von den Kongresswahlen im November ab.

Foto: AFP/MANDEL NGAN

Ob ein amerikanischer Präsident seines Amtes enthoben werde, liege zunächst einzig und allein daran, wie das Repräsentantenhaus die Sache sehe, hat Gerald Ford einmal gesagt: ob die Kammer der Meinung sei, dass seine Taten durch ein Impeachment geahndet werden müssten. Die Einschätzung stammt aus dem Jahr 1970. Ford war damals noch nicht der US-Präsident, der er einmal werden sollte, er war Fraktionschef der Republikaner, der parlamentarischen Minderheit, in der Abgeordnetenkammer. Seitdem ist seine prägnante Bewertung nicht mehr wegzudenken aus dem Zitatenschatz der amerikanischen Politik. Wann immer das Wort Impeachment die Runde macht, dürfen Fords lakonische Sätze in der Debatte nicht fehlen.

In diesen Tagen erleben die USA einen solchen Moment, und womöglich wird sich die Diskussion noch über Monate hinziehen. Nachdem nun auch der Verleger David Pecker bereit zu sein scheint, in der Affäre um Schweigegeldzahlungen an das Playboy-Model Karen McDougal gegen Donald Trump auszusagen, ist immer häufiger vom Impeachment die Rede, von einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump.

Trumps Finanzchef sagte aus

Am Freitag meldete das Wall Street Journal, dass nun auch der langjährige Finanzchef der Trump Organization, Allen Weisselberg, mit der Justiz zusammenarbeiten wolle. Dem Manager, der 40 Jahre für Trump tätig war, sei Immunität zugesichert worden. Weisselberg ist einer der beiden zwei Treuhänder, denen Trump die Geschäfte übertragen hat, als er sie nach seiner Wahl zum Präsidenten abgegeben hatte.

Schweigegeldzahlungen

Der ließ McDougal und auch der Pornodarstellerin Stephanie Clifford sechsstellige Dollarsummen zahlen, um kurz vor dem Votum des Novembers 2016 ihr Schweigen über vermeintliche Affären zu erkaufen. Man könne darin durchaus einen Bestechungsversuch mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung sehen, doziert Cass Sunstein, Harvard-Rechtsprofessor. Und wenn ein Kandidat zum Mittel der Bestechung greife, um ins höchste Staatsamt zu gelangen, sei dies ein Vergehen, das zur Amtsenthebung führen könne. Joshua Matz, Experte für Impeachment-Fragen, sieht es ähnlich. Das Szenario, wonach sich ein Bewerber fürs Oval Office "korrupter Instrumente" bediene, um eine Wahl für sich zu entscheiden, habe die Generation George Washingtons und Thomas Jeffersons erst veranlasst, das Amtsenthebungsverfahren in den Gründungskanon der Republik aufzunehmen.

Nur machen Fords eingangs zitierte Worte den Knackpunkt deutlich: Es handelt sich um eine politische Entscheidung, nicht im engen Sinne um eine juristische. Solange Trump im Weißen Haus residiert, muss er nicht mit Strafverfolgung rechnen, da er de facto Immunität genießt. Die Verfassung – in dem Punkt sind sich die Rechtsgelehrten weitgehend einig – erlaubt es nicht, gegen einen amtierenden Präsidenten ein Strafverfahren zu eröffnen.

Midterms im November

Die politische Gemengelage wiederum ist einigermaßen klar: Soll die Impeachment-Lawine ins Rollen gebracht werden, müssten die Republikaner bei der Kongresswahl im November ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren. Denn dass sich die "Grand Old Party" gegen den eigenen Präsidenten stellt, ist unwahrscheinlich. Schon deshalb, weil Abgeordnete, die auf Distanz zu ihm gehen, damit rechnen müssen, den Zorn der Basis auf sich zu ziehen. Ein solches Risiko einzugehen, hat sich bisher kaum einer getraut. Das kann sich ändern, falls ein Rutschbahneffekt eintritt, wie er 1974 bei Richard Nixon zu beobachten war. Vorläufig aber deutet nichts auf eine innerparteiliche Revolte.

Bliebe ein von den Demokraten angestrengtes Verfahren – was voraussetzt, dass sie nach den Midterm-Wahlen im House of Representatives das Sagen haben. Um den Stein ins Rollen zu bringen, müsste zunächst der Justizausschuss der Kammer mehrheitlich für ein Impeachment stimmen. Dem folgte ein Votum aller 435 Abgeordneten, bei dem eine einfache Mehrheit reichen würde. Im Senat, der nächsten Instanz, wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig, um den Staatschef tatsächlich zum Rücktritt zu zwingen.

Blick in die Geschichtsbücher

Wie hoch die Latte liegt, macht ein Blick in die Geschichtsbücher deutlich. 1868 ging es um Andrew Johnson, der bezüglich der hart erkämpften Rechte befreiter Sklaven bremste. Die Senatoren entschieden knapp, ihn im Amt zu belassen. 1998 war es Bill Clinton, der im Fall Monica Lewinsky unter Eid gelogen hatte und deshalb sein Amt verlieren sollte.

In Zeiten, in denen die Wirtschaft boomte, fand sich im Senat keine Zweidrittelmehrheit. Richard Nixon kam der sicheren Amtsenthebung zuvor, indem er 1974 auf dem Höhepunkt des Watergate-Skandals zurücktrat. (Frank Herrmann aus Washington, 25.8.2018)