DER STANDARD

Die FPÖ ist ohnehin begeistert von ihm, AfD und Front National sowieso, aber auch moderatere Konservative sehen den russischen Autokraten mittlerweile in einem rosigeren Licht – und unter amerikanischen Republikanern gingen seine Beliebtheitswerte schon hoch, bevor russische Hacker Donald Trump zur Präsidentschaft verhalfen. Bestimmte Spielarten von Linken finden ihn auch ganz toll. Kein Wunder, dass die Außenministerin Wladimir Putin bei ihrer Hochzeit haben wollte. Aber was macht den russischen Präsidenten, der Kritiker schon mal verschwinden lässt, Gewaltentrennung nervig findet und vor Brutalität nicht zurückschreckt, eigentlich so populär?

Drei Gründe gibt es hierfür:

1. Er präsentiert sich als Fürsprecher traditioneller Werte, etwa Familienwerte, traditioneller Vorstellungen von Männlichkeit – und damit als Gegenspieler modischer liberalistischer Lebensentwürfe und Konventionen. Gerade weil er ein Autokrat ist, steht er für Ordnung gegenüber einer zunehmend als chaotisch empfundenen Welt.

2. Es wird ein liberaler Mainstream kritisiert, der mit der westlichen Hegemonie verbunden wird. So werden Schwulenrechte oder Feminismus (liberale gesellschaftliche Hegemonie) und die Nato (westliche militärische Hegemonie) und Wall Street zu einem Brei verrührt, zur fiktiven Einheit "westlicher Mainstream", und Putin inszeniert sich geschickt zu einem Gegenmodell zu dem, was in den Augen vieler als "herrschende globale Macht" erscheint.

3. Das eigentlich Erstaunliche ist: Bei alldem gelingt es ihm aber auch, als sympathisch herüberzukommen. Es hat keinen Sinn, davor die Augen zu verschließen: Putin spielt mit Selbstironie, wirkt gar nicht auftrumpfend, sondern eher scheu, er spielt auch mit sarkastischem Witz und kombiniert die autoritäre Herrschaft mit einer – im medial verbreiteten Bild – vollkommenen Abwesenheit von autoritärem Habitus.

Ohne diese drei Elemente wäre es völlig unerklärlich, wie der russischer Autokrat durchaus populär werden konnte. (Robert Misik, 25.8.2018)