"Der Kosovo wird nicht geteilt werden, es wird keinen Gebietsaustausch geben", sagt der kosovarische Präsident Hashim Thaçi zu den Gerüchten über eine Teilung des Landes nach ethnischen Kriterien.

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STANDARD: Gibt es tatsächlich einen Deal zwischen Belgrad und Prishtina, muss Serbien darin den Kosovo explizit als unabhängigen Staat anerkennen?

Thaçi: Jedes Abkommen hat nur einen Sinn, wenn es zu einer bilateralen Anerkennung kommt und der Kosovo ein vollwertiges Mitglied der internationalen Gemeinschaft und der Vereinten Nationen wird.

STANDARD: Die Verhandlungen sollen schon weit gediehen sein, Sie sollen mit Präsident Vučić bereits über sehr konkrete Pläne für einen Gebietsaustausch gesprochen haben. Wie viel Prozent einer Einigung haben Sie schon erreicht?

Thaçi: Es sind mittlerweile fünf oder sechs Jahre vergangen, seit wir diesen Dialog mit Serbien begonnen haben. Jetzt sind wir in die finale Phase dieser Gespräche eingetreten. Wir haben bisher nur über den Prozess, aber nicht über die Details gesprochen. Die Idee der Grenzkorrekturen ist meine. Und die Idee, das Preševo-Tal und die anliegenden albanischen Gemeinden Bujanovac und Medveđa einzubeziehen, ist ebenfalls von mir und war bisher nicht Gegenstand der Verhandlungen mit Präsident Vučić. Aber wir werden darüber reden. Ich möchte rational handeln. Es gibt große Differenzen, aber die einzige Möglichkeit ist, diesen Dialog fortzusetzen. Ohne eine Einigung behindern wir einander auf dem Weg in die EU.

STANDARD: Was erwarten Sie sich vom Auftritt Präsident Vučićs im Nordkosovo?

Thaçi: Der Kosovo wird nicht geteilt werden, es wird keinen Gebietsaustausch geben. Und ich habe bisher nichts darüber gehört, dass er etwas in dieser Richtung vorschlagen wird. Der Kosovo wird den multiethnischen Geist bewahren. Wir müssen aber daran arbeiten, die Animositäten, die seit 200 Jahren bestehen, aufzulösen. Wir sollten nicht Geiseln der Grenzen sein, die während Titos Jugoslawien festgelegt wurden. Jugoslawien existiert nicht mehr. Der Kosovo hat gute nachbarschaftliche Verhältnisse mit allen Nachbarn, mit Mazedonien, Montenegro und Albanien. Daher sollte niemand sich bedroht fühlen von einem möglichen Abkommen zwischen dem Kosovo und Serbien.

STANDARD: Das österreichische Innenministerium verzögert die Visaliberalisierung für Bürger des Kosovo. Haben sie eine Erklärung dafür?

Thaçi: Der Kosovo hat alle Kriterien dafür erfüllt. Ich erwarte eine positive Entwicklung in dieser Sache auch von Bundeskanzler Kurz. Wir haben bereits Gespräche darüber geführt. (Christoph Prantner, 26.8.2018)