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Die Politik sucht ein innovatives Sparschwein, um die progressive Ausgabendynamik der Forschungsprämie einzubremsen. Das im Frühjahr auf der Hannover-Messe gezeigte Sparschwein ist zugleich ein Heizkörper.

Foto: dpa / julian Stratenschulte

Die zu Jahresanfang von zwölf auf 14 Prozent erhöhte Forschungsprämie ist in der Wirtschaft sehr beliebt und drauf und dran, ein echter "Burner" im Bundeshaushalt zu werden. Die Aufwendungen des Staates für die Steuergutschrift, mit der unternehmerische Innovationsausgaben staatlich gefördert werden, erweisen sich als überaus dynamisch, sie steigen dramatisch. Entgingen dem Fiskus durch die Gewährung von Steuergutschriften für Innovationsinvestitionen 2012 noch 572 Millionen Euro an Einkommensteuereinnahmen, stellt man sich für 2020 bereits auf eine Größenordnung von einer Milliarde Euro ein. Das erfuhr der STANDARD aus Regierungskreisen.

Der rapide Anstieg ist nicht allein darin begründet, dass mehr geforscht wird und sich immer mehr Unternehmen ihre Innovationsinvestitionen fördern lassen – auch jene, die keine Gewinne schreiben (sie bekommen echtes Geld vom Finanzamt). In die Höhe getrieben wird der Abgang insbesondere deshalb, weil der Fördersatz seit der kritischen Inventur durch den Rechnungshof vor fünf Jahren gleich zwei Mal erhöht wurde. Er beträgt nun 14 Prozent – obwohl vor dieser umstrittenen Erhöhung nicht einmal die bis dahin gültigen zwölf Prozent evaluiert worden waren.

Nun gibt es in der Finanzpolitik offenbar Überlegungen, die progressive Einnahmenminderung wieder einzufangen oder zumindest zu stabilisieren und allfällige Mitnahmeeffekte zu minimieren. Möglich wäre dies in mehreren Variationen, etwa indem Berechnungsgrundlagen genauer definiert oder die von Unternehmen angegebenen Forschungsausgaben in Relation zu deren Forschungspersonal gesetzt werden. Fix ist davon freilich noch nichts, die Diskussion läuft derzeit noch im Untergrund.

Mitnahmeeffekte minimieren

Gründe für Änderungen gäbe es viele, denn nur wenige OECD-Staaten haben ein derart ausgeprägtes Regime an indirekter, also steuerlicher F&E-Förderung wie Österreich. Gemessen am Barwert übersteigt die Forschungsprämie inzwischen die direkten Förderungen der Forschungsförderungsgesellschaft FFG bei weitem. Im Vorjahr waren es laut groben Schätzungen (viele Jahresabschlüsse 2017 sind noch nicht fertig, zum Teil nicht einmal die Abrechnung für 2016) an die 700 Millionen Euro, die für die Forschungsprämie aufgingen. Das ist fast doppelt so viel wie der jährliche Barwert der FFG-Förderungen.

Tendenz steigend, wie Eingeweihte im Dunstkreis von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium vorrechnen. Berücksichtigt man, dass inzwischen nicht mehr so sehr die Zahl der anspruchsberechtigten Unternehmen für die Forschungsprämie rapid steigt, sondern vor allem die Beträge, um die es dank der Prämienerhöhung geht, scheint die Grobschätzung von einer Milliarde Euro im Jahr 2020 nicht unrealistisch.

Im Finanzministerium bestätigt man den massiven Kostenanstieg bis 2020 nicht. Im Gegenteil, man verweist auf die Zielzustände zur Entwicklung der Forschungsprämie gemäß dem Bundesvoranschlag 2019, der heuer 610 Millionen Euro vorsieht und 730 Millionen Euro im Jahr 2020.

Qualität und Output

Mit der Höhe drängt sich freilich die Frage nach Qualität und Output in den Vordergrund. Im Gegensatz zur Prämie, bei der bereits erbrachte, also vergangene Innovationen bonifiziert werden – die Begutachtung der Rechtmäßigkeit gemäß Frascati-Bestimmungen obliegt übrigens der FFG –, muss bei den FFG-Basisprogrammen die Additionalität nachgewiesen werden. Förderwürdig sind nur zusätzliche, wirklich neue F&E-Entwicklungen. Eine strategische Abstimmung zwischen den beiden Förderschienen gibt es nicht, auch allfällige Wechselwirkungen werden ignoriert.

Wiewohl allfällige Änderungen noch nicht spruchreif sind: Die Industrie ist längst im Abwehrmodus. Eine "Hatz" auf die angewandte Forschung und die Forschungsprämie ortet Georg Kapsch, Präsident der Industriellenvereinigung. Österreich brauche aber beides, angewandte Forschung und Grundlagenforschung.

"Imbalance" im System

Der Vorsitzende des Forschungsrats, der Industrielle Hannes Androsch, sieht das differenziert. Es bestehe eine Imbalance im System, insbesondere zur Förderung von Unis und vom Wissenschaftsfonds FWF. Werde die Imbalance beendet, begrüße er Maßnahmen zur Reglementierung der Forschungsprämie, nicht aber um die Bürokratie zu verstärken. Denn die Prämie trage zur beachtlichen Forschungsquote Österreichs bei und sei auch Standortsicherung. "Besorgniserregend" sei aber, dass diesem massiven Input an Mitteln kein entsprechender Output gegenüberstehe, sagt Androsch. Die Schweiz fördere auf der Industrieseite überhaupt nicht, aber umso mehr im Vorfeld, wo das Risiko größer sei.

Auch Kapsch bemängelt die schlechte Relation zwischen In- und Output. Es nütze aber die beste Forschungsförderung nichts, wenn man nicht die gesamte Wertschöpfungskette im Land halten könne. Ohne Umsetzung in der industriellen Produktion fehlten Patente und Umsetzung und Arbeitsplätze wanderten ins Ausland ab. (Luise Ungerboeck, Peter Illetschko, 28.8.2018)