Die Hitzeperiode in den vergangenen Wochen macht den Klimawandel unübersehbar.

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STANDARD: Die Hitzewelle hat die mediale Aufmerksamkeit in den vergangenen Wochen auf den Klimawandel gerichtet. Braucht der Mensch solche Wetterextreme, um die Klimaveränderung zu begreifen?

Göpel: Wir können nur sehr schwer auf Dinge reagieren, die wir nicht direkt vor uns sehen und deren Rückkoppelungsschleife wir nicht verstehen. Langfristige Ereignisse sind schwieriger für uns zu priorisieren. Der Klimawandel hat daher immer schon ein Riesenproblem gehabt, weil die Folgen unseres Tuns zeit- und ortversetzt stark zu spüren sind.

STANDARD: Was können Einzelne tun?

Göpel: Das Wichtigste ist, der Politik zu signalisieren: Wir wollen Veränderung. Häufig lautet die Frage, ob Menschen bereit sind, sich zu verändern und auf Dinge zu verzichten, um den Klimawandel einzudämmen. Das geht komplett an der Realität vorbei. Der Klimawandel wird uns zu wahnsinnig viel Verzicht zwingen. Daher ist die Frage eher: Wie wollen wir einer Transformation, die sowieso stattfindet, begegnen?

STANDARD: Können Konsumenten dabei viel verändern?

Göpel: Es ist nicht nur die Verantwortung der Konsumenten, sondern vor allem jene der Politik. Was Konzerne betrifft, so wird sich ohne Regulierungen nichts verändern. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Pflichten mit Privilegien für Konzerne einhergehen – vor allem, was Steuern betrifft.

Zu viele Menschen zweifeln noch am Klimawandel, sagt die Ökonomin Maja Göpel.
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STANDARD: Ein Problem ist auch, dass nach wie vor viele Menschen am Klimawandel zweifeln.

Göpel: Wir müssen vor allem mit denen zusammenarbeiten, die überzeugt sind. Diejenigen, die den Klimawandel leugnen wollen, leugnen ihn. Meistens hat das aber nichts mit der Wissenschaft zu tun, sondern mit den Konsequenzen, die die Veränderungen für die eigenen Lebenspraxis- und Vermögensverhältnisse bedeuten. Wir müssen uns klarmachen, dass die Finanzierung klimafeindlicher Studien mit Konzernen zu tun hat, die davon profitieren, dass wir nicht aus dem Ölgeschäft aussteigen.

STANDARD: Wie könnte ein Wandel in Denkmustern stattfinden?

Göpel: Mit unserem Wissen erklären wir uns die Welt und legitimieren unser Verhalten. Dabei haben wir uns eine ökonomische Leseart angeeignet, in der Kostenvermeidung und niedrige Preise Ziel sind. Darin sind soziale und ökologische Kosten einfach nicht abgebildet.

STANDARD: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich am Sonntag gegen eine Verschärfung der Klimaschutzziele 2030 ausgesprochen. Reichen die Ziele aus?

Göpel: Je früher wir anfangen, desto niedriger sind die Kosten für alle. Wenn wir 2020 nicht den Scheitelpunkt der Emissionen erreicht haben, wird das, was wir tun müssen, viel schneller und in wesentlich kürzerer Zeit passieren müssen. Für die Bevölkerung werden die Einschnitte dann viel drastischer sein. Es ist schwierig, diese Zukunftsbotschaft zu vermitteln. Je länger wir warten, desto kürzer wird der Zeitraum, in dem wir viel schaffen müssen. (Nora Laufer, 28.8.2018)