Rauch, Exklusiv-Abfüller von Red Bull, will in die Grünzone von Ludesch erweitern.

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Ludesch – In Nüziders und Ludesch im Vorarlberger Walgau sind drei Große der heimischen Getränkeindustrie Nachbarn: Red Bull, Ball Packaging und Rauch. Red Bull erzeugt dort sein Konzentrat, schickt es ein paar Meter hinüber nach Nüziders, zum Nachbarn Rauch, der füllt in Dosen von Ball ab. 8.000 Dosen pro Minute, bis zu neun Millionen am Tag, kann der US-amerikanische Verpackungsspezialist an seinem Vorarlberger Standort herstellen. Weil die drei Betriebe an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wollen sie ausbauen.

In einer ersten Etappe sollen sechs Hektar aus der umgebenden Landesgrünzone im Ludescher Neugut umgewidmet werden, für den Gesamtausbau hätte man gern 16 Hektar. Beste Ackerfläche würde zu Industriegebiet, kritisiert die "Initiative Ludesch – für einen lebenswerten Walgau". Bäuerlichen Familienbetrieben würde die Existenzgrundlage entzogen.

Gemüse oder Energydrinks

Ludesch war früher quasi die Salatschüssel Vorarlbergs, erinnern die Vertreter der Initiative im Gespräch mit dem STANDARD an die Vergangenheit. Von 16 Vollerwerbsgemüsebauern in den 1980er-Jahren seien nur noch drei übrig, durch die Reduktion der Ackerflächen im Neugut sei weiteres Bauernsterben zu befürchten.

Ihre Alternative: Statt Betriebe zu erweitern, sollte man entsprechend der Ökolandstrategie der Landesregierung den niedrigen Eigenversorgungsgrad bei Gemüse erhöhen und die notwendigen Vermarktungs- und Lagerstrukturen im Walgau schaffen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Wasserverbrauch durch die Getränkeindustrie. Unter der begehrten Grünfläche liegt Vorarlbergs größter Grundwassersee. Schier unerschöpfliche Wasserquellen stehen den Grundeigentümern zur Verfügung. Wie hoch die von Rauch durch den eigenen Pumpbrunnen geförderte Wassermenge ist, gibt das Unternehmen nicht bekannt. Man kommuniziere keine Zahlen, sagt Sprecher Daniel Wüstner.

Begehrter Grundwassersee

Auch Bürgermeister Dieter Lauermann will dazu nichts sagen. Die wasserrechtliche Genehmigung gelte 20 Jahre, die Gemeinde habe sich von Rauch den Zugriff auf das Wasser bei Bedarf wie in der Trockenperiode dieses Sommers gesichert. Sorgen um das Wasser macht sich Lauermann nicht: "Der Grundwassersee ist so reichhaltig, dass er ganz Vorarlberg mit Wasser in Topqualität versorgen könnte."

Die Initiative fordert, und hat dabei in Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) einen Fürsprecher, die Änderung des Wasserrechtsgesetzes. Wasser sollte Allgemeingut sein, nicht Handelsware sagt Landesrat Rauch.

Umwidmung auf Schiene

Bürgermeister Lauermann und die Gemeindevertretung haben der Umwidmung der ersten sechs Hektar zugestimmt. Der Bürgermeister beruft sich auf das Regionale Entwicklungskonzept, dass die Grünzone als Betriebserweiterungsgebiet vorsieht. Und er hofft auf weitere Arbeitsplätze.

Aktuell beschäftigen Red Bull und Ball, sie stehen auf Ludescher Gemeindegebiet 280 Menschen. Mit Rauch in der Nachbargemeinde Nüziders seien es 700 Arbeitsplätze, sagt Lauermann. Ludesch (3.437 Einwohner/-innen) profitiert über die Kommunalsteuer. Die Hälfte der jährlichen Einnahmen von 800.000 Euro kämen von Red Bull und Ball, rechnet der Bürgermeister vor.

Lukratives Angebot

Für die erste Etappe der Betriebserweiterung müssen drei Grundbesitzer und eine Erbengemeinschaft an Rauch verkaufen. Die Zeichen stünden auf Einigung, sagt der Bürgermeister. Das Angebot von Rauch soll über den Richtpreisen der Gemeinde liegen. Aktuell stehen die Richtpreise bei 200 Euro für den Quadratmeter Betriebsgebiet im Vergleich zu 15 Euro für Landwirtschaftsfläche. Nun liegt der Ball bei der übergeordneten Raumplanung im Landhaus. Im Herbst soll entschieden werden. (Jutta Berger, 29.8.2018)