Weltweit gibt es rund 280 Arten von Höhlenfischen. Sie leben, wie der Name schon sagt, in lichtlosen Höhlen in Karstgewässersystemen. Lange dachte man, dass es in Europa solche Fische nicht gibt, da während der letzten Eiszeit so gut wie alle Gewässer vereist waren. Im Vorjahr berichteten Forscher um Jasminca Behrmann-Godel von der Universität Konstanz dann die Sensation: Im Bodenseeraum im Süden Baden-Württembergs ist ein Höhlenfisch zuhause.

Höhlenfisch-Nachwuchs an der Uni Konstanz.
Foto: Universität Konstanz

Nun ist es Behrmann-Godel und Kollegen gelungen, an Bedingungen zu schaffen, unter denen sich diese Höhlenfische auch außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes fortpflanzen können. "An unserem Institut befinden sich die einzigen außerhalb einer Höhle lebenden Höhlenfische. Dass wir nun ein Umfeld für diese Fische schaffen konnten, in dem sie nicht nur überleben, sondern sich auch außerhalb ihres natürlichen unterirdischen Habitats fortpflanzen können, ist wirklich außergewöhnlich", sagte Behrmann-Godel. Mit Unterstützung des Höhlentauchers Joachim Kreiselmaier, der die Schmerlen 2015 während eines fünfstündigen Tauchgangs erstmals entdeckte, konnten die Forscher zwei Männchen und zwei Weibchen bergen und in einem Aquarium zusammenzuführen.

Vier junge Fische

Sie hätten sich anfangs wenig Hoffnung gemacht, dass sich die Höhlenfische in einer künstlich geschaffenen Umgebung fortpflanzen würden, so Behrmann-Godel: "Wir haben unseren erwachsenen Höhlenfischen am Limnologischen Institut verschiedene Trägermaterialen für die Laichablage angeboten. Dazu gehörten Sand, große Kiesel, eine mit kleinen Steinen gefüllte Schale – sogar eine mit feinem Schotter, die mit einem Gitter versehen war, um die Erwachsenen davon abzuhalten, die gelegten Eier zu fressen. Aber auf welchem Untergrund genau die Höhlenfische ihre Eier tatsächlich gelegt haben, bleibt weiterhin ein Rätsel", so die Forscherin.

Ein junger Höhlenfisch schwimmt mit erwachsenen Tieren im Aquarium der Uni Konstanz.
UniversitaetKonstanz

Im Juni entdeckte das Team dann die die etwa 1,5 Zentimeter langen Schlüpflinge, etwa zwei Monate nach der angenommenen Laichzeit. "Trotz täglicher Kontrolle haben wir die kleinen Fische nicht früher bemerkt. Fakt ist, dass wir nun vier weitere Höhlenfische betreuen können", freute sich Myriam Schmid.

Hoffnung auf stabile Population

Die Forscher hoffen, in naher Zukunft eine stabile Höhlenfisch-Population im Labor aufbauen zu können – mit 30 bis 50 erwachsenen Tieren, die sich regelmäßig vermehren. Dadurch könne man die Anzahl der Fische, die für Forschungszwecke aus den Höhlen geholt werden, begrenzen. Während der derzeitige Schwerpunkt auf der Erforschung des Höhlenfischgenoms und dem genomischen Vergleich mit anderen Arten liegt, wollen die Forscher künftig auch über vergleichende Laborstudien mit Bach- und Höhlenschmerlen auch herausfinden, welche typischen Höhlenfischmerkmale auf phänotypischer Plastizität beruhen und welche auf genetischen Veränderungen. "Auch für Kreuzungsversuche mit beiden Schmerlengruppen sind stabile Populationen unabdingbar", so Behrmann-Godel.

Zudem wollen die Forscher die Höhlenfische mithilfe hochauflösender Videotechnik unter Infrarotlicht in Dunkelheit filmen, um so nicht nur das Verhalten einzelner Tiere, sondern auch ihr Gruppen- und Schwarmverhalten erforschen zu können. (red, 29.8.2018)