Die langen Schatten der Linken haben auch die F1 erreicht: Grid-Girls könnten Geschichte sein. Auch wenn sie das korrekte Schild halten.

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Manchmal haben Linke und Rechte mehr gemeinsam, als es einem lieb sein könnte. Wenn es um die "Befreiung der Frauen" geht, zum Beispiel. Die aktuelle konservative Regierung aus ÖVP und FPÖ will ein Kopftuchverbot für Kindergarten und Volksschule bis zum Ende des Pflichtschulalters einführen, damit junge Mädchen aus muslimischen Familien von diesen nicht gegen ihren Willen gezwungen werden können, den Kopf zu verhüllen. Ein Burkaverbot, das, um den Schein der Äquidistanz zu allen Religionen (und diversen nichtreligiösen Gruppierungen, z. B. Linksautonomen) zu wahren und nicht dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz zu widersprechen, "Antiverhüllungsgesetz" heißt, gibt es bereits.

Linke Feministinnen und Feministen wiederum fordern, aktuell etwa im neuen Frauenvolksbegehren, "ein Verbot sexistischer Werbung und die Förderung von respektvollen, klischeefreien Medieninhalten", denn nur dies führe "zu mehr Respekt für alle Geschlechter". Von linksfeministischer Seite verlangt werden auch Verbote von Pornografie und Prostitution. Die sogenannten Grid-Girls in der Formel 1 sind womöglich bereits Geschichte.

Während für viele Linke ein Kopftuchverbot nicht infrage kommt, haben Konservative kein Problem mit "sexistischer Werbung" (was auch immer darunter zu verstehen sei). Es geht ja schließlich um die "Autonomie", also um die "Selbstbestimmung der Frau".

Tatsächlich?
Bevor ich in irgendeine Schublade gesteckt werde: Als Atheist sind mir sämtliche Religionen und ihre Vorschriften per se suspekt, Formel-1-Rennen interessieren mich überhaupt nicht, Grid-Girls bin ich noch nie begegnet, und sie wären auch kein Grund für mich, zum Formel-1-Fan zu mutieren. Als Liberaler habe ich dennoch kein Problem damit, wenn die eine Frau sich ein Kopftuch umbindet und die andere sich halbnackt vor der Kamera räkelt. Solange beide tun dürfen, was sie wollen und weder dazu gezwungen noch per Gesetz davon abgehalten werden.

Warum lassen Linke und Rechte Frauen nicht einfach tun und lassen, was sie wollen, gerade auch, wenn es darum geht, was sie anziehen bzw. ausziehen möchten? Ist es für Rechte wirklich so schwer zu akzeptieren, dass nicht alle muslimischen Frauen von Männern aus ihren Familien dazu gezwungen werden, Kopftuch zu tragen, sondern dass viele von ihnen es freiwillig tun, um ihre Autonomie zu unterstreichen?

Sich sexy anziehen ...

Ist es, auf der anderen Seite, unmöglich, als linke Feministin anzuerkennen, dass es Frauen geben könnte, die sich freiwillig und gerne sexy anziehen und damit ihr Geld verdienen, ohne sich dabei als Sklavinnen des Patriarchats zu fühlen?

Autonomie ist etwas, das einem Menschen nicht von anderen geschenkt oder aufgezwungen werden kann. Echte Selbstbestimmung geht, wie der Name schon sagt, von einem selbst aus. Sie impliziert damit stets auch das Risiko, etwas zu tun, das man später bereut. Autonomie kann nur dadurch realisiert werden, dass sie gegen Widerstände einzelner Personen oder einer Gesellschaft vom betreffenden Individuum für sich selbst vertreten wird.

... und damit Geld verdienen

Nur wer zu sich selbst steht und sich dem Kampf um die eigene Freiheit stellt, anstatt ihn an andere, z. B. den Gesetzgeber, zu delegieren, wird wahrhaft frei sein. Das sollten sich Linke und Rechte hinter die Ohren schreiben, bevor sie das nächste Mal losziehen, um Frauen ihre "Freiheit" aufzuzwingen. (Georg Schildhammer, 28.8.2018)